
Die Revision einer Wurzelkanalbehandlung (WKB) gehört zu den anspruchsvollen Eingriffen im zahnärztlichen Alltag. Neben der oft komplexen technischen Durchführung sind die Rahmenbedingungen der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die korrekte Abrechnung entscheidend für die Praxis. Dieser Artikel beleuchtet die maßgeblichen Aspekte für GKV-versicherte Patienten.
Indikationen für eine Revision
Eine Revisionsbehandlung ist angezeigt, wenn eine vorherige Wurzelkanalbehandlung nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat und klinische oder röntgenologische Anzeichen einer Pathologie fortbestehen oder neu auftreten. Häufige Indikationen sind:
- Persistierende oder neu aufgetretene apikale Parodontitis.
- Symptome wie Schmerzen, Schwellung oder Fistelung, die auf die insuffiziente Erstbehandlung zurückzuführen sind.
- Röntgenologisch unzureichende Wurzelfüllung (z.B. zu kurz, undicht, Hohlräume).
- Nicht entdeckte oder nicht aufbereitete Kanäle in der Erstbehandlung.
- Prozedurale Fehler wie Instrumentenfrakturen oder Perforationen, die den Behandlungserfolg gefährden.
Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die GKV
Die Kostenübernahme für endodontische Maßnahmen, einschließlich Revisionen, durch die GKV ist streng geregelt und basiert auf den Behandlungs-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), insbesondere Abschnitt B. III. Nr. 9. Eine Revision wird nicht pauschal übernommen, sondern nur unter folgenden Bedingungen:
- Allgemeine Erhaltungswürdigkeit des Zahnes: Der Zahn muss grundsätzlich als erhaltungswürdig eingestuft werden. Die Prognose der Revision muss erfolgversprechend sein.
- Spezifische G-BA Kriterien:
- Der Versuch der Erhaltung des Zahnes muss medizinisch indiziert sein.
- Bei Molaren: Gelten zusätzliche, strengere Voraussetzungen. Die Behandlung ist hier in der Regel nur dann eine GKV-Leistung, wenn:
- damit eine geschlossene Zahnreihe erhalten bleibt, ODER
- eine einseitige Freiendsituation vermieden wird, ODER
- bestehender, funktionstüchtiger Zahnersatz erhalten bleibt.
- Keine bessere Alternative: Die Revision muss die geeignete Maßnahme sein; eine Extraktion mit anschließender prothetischer Versorgung darf im Rahmen der GKV-Richtlinien nicht die medizinisch oder wirtschaftlich sinnvollere Alternative darstellen.
Wichtig: Eine pauschale Zeitgrenze (wie manchmal fälschlich angenommene 4 Jahre nach Erstbehandlung) für die Kostenübernahme einer Revision existiert in den G-BA-Richtlinien nicht. Entscheidend sind die aktuelle klinische Situation, die Erfüllung der G-BA-Kriterien und die Prognose.
Abrechnung der Revision in der GKV (BEMA)
Die Abrechnung einer Wurzelkanalrevision bei GKV-Patienten erfolgt ausschließlich nach dem Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA). Es gibt keine spezifische BEMA-Ziffer für „Revision“. Stattdessen werden die regulären BEMA-Positionen für die erbrachten Leistungen angesetzt:
- BEMA Nr. 32 (WK): Aufbereiten des Wurzelkanalsystems (je Kanal). Diese Ziffer wird auch für das Entfernen der alten Wurzelfüllung und die erneute Aufbereitung angesetzt.
- BEMA Nr. 35 (WF): Wurzelkanalfüllung (je Zahn, nach Abschluss der Aufbereitung aller Kanäle).
- BEMA Nr. 34 (Med): Medikamentöse Einlage (je Sitzung, falls erforderlich).
- Begleitleistungen wie Röntgenaufnahmen (Ä925a/d), Vitalitätsprüfung (8), Anästhesie (40/41a) etc. werden wie üblich zusätzlich abgerechnet.
Die oft höhere Komplexität und der Zeitaufwand einer Revision spiegeln sich nicht in einer höheren BEMA-Bewertung wider.
Private Zusatzleistungen (GOZ) und Mehrkostenvereinbarung
Da die BEMA-Honorierung den Aufwand komplexer Revisionen oft nicht abdeckt, können zusätzliche, wissenschaftlich anerkannte Maßnahmen als Privatleistung nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) angeboten werden. Dies erfordert eine schriftliche Mehrkostenvereinbarung mit dem Patienten gemäß § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) vor Behandlungsbeginn. Typische Beispiele für solche Zusatzleistungen sind:
- Verwendung eines Operationsmikroskops (GOZ 0110).
- Elektrometrische Längenbestimmung (GOZ 2400).
- Spezielle maschinelle Aufbereitungstechniken (z.B. reziproke Systeme, oft als Analogleistung oder über Steigerungsfaktor bei GOZ 2440 für Privatpatienten – bei GKV als Zusatzleistung ggf. analog zu vereinbaren).
- Anwendung von Lasertechnik (GOZ 0120).
- Spezielle Obturationstechniken (z.B. thermoplastische Verfahren, ggf. als Analogleistung).
Wirtschaftliche Aspekte und Patientenkommunikation
Die Revision einer WKB ist meist deutlich zeitaufwendiger und erfordert oft spezielle Instrumente und Techniken.
- Wirtschaftlichkeit: Aufgrund der identischen BEMA-Bewertung bei höherem Aufwand ist eine kostendeckende Behandlung im reinen GKV-Rahmen oft schwierig. Private Zusatzleistungen sind daher häufig notwendig, um eine qualitativ hochwertige und wirtschaftlich tragfähige Revision durchzuführen.
- Patientenaufklärung: Eine transparente Kommunikation ist essenziell. Erläutert werden sollten:
- Die medizinische Notwendigkeit der Revision.
- Die (oft reduzierte) Erfolgsprognose im Vergleich zur Erst-WKB.
- Die Behandlungsalternativen (inkl. Extraktion).
- Der Ablauf der Behandlung.
- Die GKV-Leistungen (was die Kasse übernimmt).
- Die empfohlenen privaten Zusatzleistungen (Nutzen und Kosten).
- Erstellung eines detaillierten Heil- und Kostenplans (ggf. getrennt für BEMA und GOZ).
Tipps für die Praxis
- Diagnostik: Sorgfältige klinische und röntgenologische Diagnostik vor Therapieentscheidung. DVT kann bei komplexen Fällen hilfreich sein (Privatleistung).
- Richtlinien kennen: Vertrautheit mit den aktuellen G-BA Behandlungs-Richtlinien ist unerlässlich.
- Dokumentation: Lückenlose Dokumentation von Befunden, Aufklärung und Behandlungsschritten.
- Prognose realistisch einschätzen: Kommunizieren Sie die Erfolgsaussichten ehrlich.
- Aufklärung: Planen Sie ausreichend Zeit für die Patientenberatung über GKV-Regeln und private Kosten ein.
- Technik: Einsatz von Vergrößerungshilfen (mindestens Lupenbrille) ist für präzises Arbeiten fundamental.
Fazit
Die Revision einer Wurzelkanalbehandlung erfordert hohes endodontisches Know-how und eine genaue Kenntnis der GKV-Rahmenbedingungen. Die klare Trennung zwischen BEMA-Leistungen und privat zu vereinbarenden Zusatzleistungen nach GOZ, basierend auf einer transparenten Patientenaufklärung, ist entscheidend für eine rechtssichere und wirtschaftlich sinnvolle Durchführung in der Praxis.
Quellen (Auswahl relevanter Vorschriften und Informationen):
- Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Behandlungsplanung und die Ausführung von Zahnersatz und Zahnkronen (Behandlungs-Richtlinie), Abschnitt B. III. Nr. 9 (Endodontie). (Link zum G-BA)
- Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA), Teil 1 (Konservierende und chirurgische Leistungen). (Aktuelle Version über KZBV oder zuständige KZV zugänglich, z.B. Link zur KZBV)
- Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). (Relevant für Zusatzleistungen)
- Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z), insb. § 8 Abs. 7 (Mehrkostenvereinbarung). (Über KZBV zugänglich)
- Informationen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Landeskassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) zur Abrechnung endodontischer Leistungen.
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