
Willkommen zurück zu unserem Abrechnungsleitfaden! Nachdem wir in Artikel 1 die grundlegende Relevanz von Abrechnungswissen für den Praxisalltag beleuchtet haben, tauchen wir nun tiefer in die beiden zentralen Abrechnungssysteme ein, die Ihre tägliche Arbeit bestimmen werden: den Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA) für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) für Privatleistungen. Ein klares Verständnis ihrer jeweiligen Prinzipien, Anwendungsbereiche und Unterschiede ist unerlässlich.
BEMA – Der Bewertungsmaßstab für die GKV
Der BEMA ist die Grundlage für die Abrechnung von Vertragszahnärztlichen Leistungen bei Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Für wen gilt der BEMA?
- Für alle GKV-versicherten Patienten (ca. 90% der Bevölkerung).
- Für Leistungen, die im Leistungskatalog der GKV enthalten sind. Wie funktioniert die Bewertung im BEMA? (Grundprinzip)
- Jede Kassenleistung hat eine feste Nummer und eine feste Punktzahl.
- Diese Punktzahl wird mit einem regional unterschiedlichen Punktwert (in Euro) multipliziert.
- Das Honorar = Punktzahl der Leistung x aktueller regionaler Punktwert.
- Wichtig: Es gibt KEINEN Steigerungsfaktor; die Bewertung ist fix. Was ist im Leistungskatalog enthalten? (Leistungsumfang & Wirtschaftlichkeitsgebot)
- Der BEMA enthält einen klar definierten Katalog abrechnungsfähiger Leistungen.
- Es gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V: Leistungen müssen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“.
- Aufwendigere, modernere oder rein kosmetische Verfahren sind oft nicht enthalten. Rechtliche Natur & Quelle des BEMA:
- Der BEMA ist Bestandteil der Bundesmantelverträge (BMV-Z bzw. EKVZ).
- Diese Verträge werden zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und dem GKV-Spitzenverband geschlossen.
GOZ – Die Gebührenordnung für Privatleistungen
Die GOZ kommt immer dann zur Anwendung, wenn Leistungen nicht über die GKV (also nicht nach BEMA) abgerechnet werden.
Für wen und wann gilt die GOZ? (Geltungsbereich)
- Behandlung von Privatpatienten (PKV).
- Leistungen für GKV-Patienten, die NICHT im BEMA stehen (z.B. PZR, Implantate).
- Leistungen für GKV-Patienten mit „Mehrkosten“ (höherwertige Alternative zur Kassenleistung).
- Rein ästhetische Wunschleistungen (Verlangensleistungen). Wie funktioniert die Bewertung in der GOZ? (Grundprinzip)
- Jede GOZ-Leistung hat eine Nummer, eine Leistungsbeschreibung und eine Punktzahl.
- Der GOZ-Punktwert ist bundeseinheitlich (aktuell 0,0562421 Euro).
- Daraus ergibt sich ein Einfachsatz (1,0-facher Satz) in Euro pro Leistung. Der Steigerungsfaktor in der GOZ – Flexibilität im Honorar:
- Der Einfachsatz wird mit einem Faktor (üblicherweise 1,0 bis 3,5) multipliziert.
- Faktor bis 2,3 (Regelhöchstsatz): Für durchschnittlichen Aufwand; keine Begründung nötig.
- Faktor über 2,3 bis 3,5: Nur bei überdurchschnittlicher Schwierigkeit, Zeitaufwand oder besonderen Umständen; erfordert eine kurze, patientenbezogene, schriftliche Begründung auf der Rechnung!
- Faktor über 3,5: Nur nach vorheriger schriftlicher Vereinbarung (§ 2 GOZ). Was ist im Leistungskatalog enthalten? (Leistungsumfang & Analogleistungen)
- Der Katalog ist umfassender als der BEMA, aber nicht immer aktuell.
- Nicht beschriebene, neue Leistungen können ggf. „analog“ nach § 6 Abs. 1 GOZ berechnet werden (Auswahl einer nach Art, Kosten-, Zeitaufwand gleichwertigen Leistung). Rechtliche Natur & Quelle der GOZ:
- Rechtsverordnung der Bundesregierung, basierend auf dem Zahnheilkundegesetz (ZHG).
- Wichtige Paragraphen: § 1 (Anwendungsbereich), § 4 (Gebühren), § 5 (Bemessungskriterien), § 6 (Analogleistungen).
GOÄ – Die Gebührenordnung für Ärzte (als Teil der GOZ-Abrechnung)
Bestimmte Leistungen, die ihrem Charakter nach auch ärztliche Leistungen sind, rechnet der Zahnarzt im Rahmen der Privatabrechnung (GOZ) nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ab (§ 6 Abs. 2 GOZ).
Typische Beispiele für GOÄ-Leistungen in der Zahnarztpraxis:
- Beratungs- und Untersuchungsleistungen (z.B. GOÄ-Nr. 1, 3, 5, 6).
- Röntgenleistungen (z.B. GOÄ-Nr. 5000ff).
- Viele chirurgische Eingriffe (z.B. Abszessinzision nach GOÄ-Nr. 2428).
- Zuschläge für ambulantes Operieren. Auch hier gelten Steigerungsfaktoren und ggf. Begründungspflichten.
Gegenüberstellung BEMA vs. GOZ (Wichtige Unterschiede)
Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick:
Merkmal | BEMA | GOZ (& GOÄ) |
---|---|---|
Geltung | Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) – Vertragsleistungen | Private Krankenversicherung (PKV), Selbstzahler, GKV-Zusatzleistungen |
Bewertung | Punkte x regionaler Punktwert (€) | Fester €-Betrag (1,0-fach) x Steigerungsfaktor |
Steigerungsfaktor | Nein | Ja (1,0 bis 3,5; Regel = 2,3; >2,3 begründungspflichtig) |
Leistungsumfang | Begrenzt auf „ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich“; nicht immer aktuell. | Umfassender, erlaubt modernere Verfahren; aber auch nicht immer aktuell (-> Analogleistungen §6 Abs. 1 GOZ). |
Dokumentation (für Abrechnung) | Wichtig für Nachweis der Leistungserbringung und Einhaltung der Richtlinien (Wirtschaftlichkeitsprüfung). | Extrem wichtig für Nachweis der Leistung, der Umstände und zur Begründung von Steigerungsfaktoren > 2,3! |
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