
Der doppelte Festzuschuss, offiziell als Härtefallregelung in § 55 Abs. 2 SGB V verankert, ist eine wichtige soziale Komponente der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei Zahnersatz. Sie ermöglicht Patienten mit geringem Einkommen eine Kostenübernahme von bis zu 100% für die Regelversorgung. Zahnarztpraxen spielen eine zentrale Rolle bei der Information und Unterstützung anspruchsberechtigter Patienten. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Punkte für den Praxisalltag zusammen.
Was ist der doppelte Festzuschuss (Härtefallregelung)?
Standardmäßig gewährt die GKV einen befundorientierten Festzuschuss für Zahnersatz, der einen festgelegten Anteil der Durchschnittskosten der Regelversorgung abdeckt (aktuell 60%, mit Bonusheft bis zu 75%). Patienten, die unter die Härtefallregelung fallen, erhalten den doppelten Festzuschuss, also mindestens 100% der Kosten für die Regelversorgung. Ihr Eigenanteil für die Standardtherapie kann somit auf null sinken.
Wer hat Anspruch auf die Härtefallregelung?
Anspruch auf den doppelten Festzuschuss haben GKV-Versicherte, deren monatliches (Brutto-)Einkommen bestimmte Grenzen nicht überschreitet oder die bestimmte Sozialleistungen beziehen. Eine unzumutbare Belastung durch die Zuzahlung muss vorliegen. Dies ist in der Regel der Fall bei:
- Geringem Einkommen: Die Einkommensgrenzen werden jährlich angepasst (zum 1. Januar).
- Aktuelle Einkommensgrenzen (Stand 2025): Die genauen Grenzen für 2025 müssen bei der jeweiligen Krankenkasse des Patienten oder über offizielle Veröffentlichungen (z.B. GKV-Spitzenverband, Bundesministerium für Gesundheit) geprüft werden, da sie jährlich neu festgelegt werden. Als Orientierung dienten für 2024 folgende Bruttogrenzen:
- Alleinstehende: 1.415 €
- Mit einem Angehörigen: 1.945,75 €
- Für jeden weiteren Angehörigen: + 353,75 €
- Maßgeblich ist in der Regel das Bruttoeinkommen aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen.
- Aktuelle Einkommensgrenzen (Stand 2025): Die genauen Grenzen für 2025 müssen bei der jeweiligen Krankenkasse des Patienten oder über offizielle Veröffentlichungen (z.B. GKV-Spitzenverband, Bundesministerium für Gesundheit) geprüft werden, da sie jährlich neu festgelegt werden. Als Orientierung dienten für 2024 folgende Bruttogrenzen:
- Bezug von Sozialleistungen: Anspruch besteht meist auch für Empfänger von:
- Bürgergeld (früher Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe nach SGB II/XII)
- Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung (SGB XII)
- Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bzw. SGB XIV
- Leistungen der Kriegsopferfürsorge
- Heimbewohner: Personen, deren Heimunterbringung durch Sozialhilfe oder Kriegsopferfürsorge finanziert wird.
Wie wird der doppelte Festzuschuss beantragt?
Der Antrag muss vor Beginn der Zahnersatzbehandlung vom Patienten bei seiner Krankenkasse gestellt werden.
- Heil- und Kostenplan (HKP): Die Praxis erstellt einen HKP, der die geplante Regelversorgung und deren Kosten sowie die daraus resultierenden Festzuschüsse ausweist. Eventuelle Mehrkosten für gleich- oder andersartige Versorgung werden separat aufgeführt.
- Antragstellung durch den Patienten: Der Patient reicht den von der Praxis erstellten und von ihm unterschriebenen HKP zusammen mit dem Antragsformular der Krankenkasse (oft „Antrag auf Gewährung eines Zuschusses für Zahnersatz“) und den erforderlichen Einkommensnachweisen (z.B. aktuelle Gehaltsabrechnungen, Rentenbescheid, Bescheid über Sozialleistungen) bei seiner Krankenkasse ein.
- Genehmigung durch die Krankenkasse: Die Krankenkasse prüft die Voraussetzungen und genehmigt den HKP – im Falle einer positiven Härtefallprüfung mit dem Vermerk über den gewährten doppelten Festzuschuss. Erst nach Erhalt des genehmigten HKPs sollte die Behandlung beginnen.
Die Rolle der Zahnarztpraxis
- Informieren: Sprechen Sie Patienten bei Zahnersatzplanungen aktiv auf die Möglichkeit der Härtefallregelung an, wenn Anhaltspunkte für ein geringes Einkommen bestehen könnten.
- Erklären: Erläutern Sie dem Patienten das Antragsverfahren und welche Unterlagen er bei der Krankenkasse einreichen muss.
- Korrekten HKP erstellen: Ein detaillierter und korrekt ausgefüllter HKP ist die Basis für die Antragsprüfung und die spätere Abrechnung. Die Regelversorgung muss klar ersichtlich sein.
- Transparent beraten: Klären Sie umfassend über Behandlungsalternativen (Regelversorgung vs. Privatleistungen) und die damit verbundenen Kosten bzw. den verbleibenden Eigenanteil auch im Härtefall auf.
Wichtige Details zur Härtefallregelung
- Geltungsbereich: Der doppelte Festzuschuss bezieht sich ausschließlich auf die Kosten der Regelversorgung. Wählt der Patient eine höherwertige Versorgung (gleich- oder andersartige Versorgung nach GOZ), muss er die Mehrkosten selbst tragen. Der (verdoppelte) Festzuschuss wird dann von der Privatrechnung abgezogen.
- Gleitende Härtefallregelung (§ 55 Abs. 3 SGB V): Liegt das Einkommen nur geringfügig über der Härtefallgrenze, kann die Krankenkasse einen erhöhten Festzuschuss gewähren, der zwischen dem einfachen (ggf. bonusgesteigerten) und dem doppelten Zuschuss liegt. Die Zuzahlung des Patienten ist dabei auf das Dreifache des Betrags begrenzt, um den die Einkommensgrenze überschritten wird, maximal jedoch bis zur Höhe der regulären Zuzahlung.
- Keine rückwirkende Gewährung: Der Antrag muss vor Behandlungsbeginn gestellt und genehmigt werden.
Fazit
Die Härtefallregelung (§ 55 SGB V) ist ein wichtiges Instrument, um auch GKV-Patienten mit geringem Einkommen den Zugang zu notwendigem Zahnersatz im Rahmen der Regelversorgung zu ermöglichen oder zumindest finanziell erheblich zu erleichtern. Zahnarztpraxen können durch proaktive Information und Unterstützung bei der Antragstellung maßgeblich dazu beitragen, dass anspruchsberechtigte Patienten diese Leistung erhalten. Die Kenntnis der aktuellen Einkommensgrenzen und des Verfahrens ist dabei unerlässlich.
Quellen:
- Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung: Insbesondere § 55 (Festzuschüsse für Zahnersatz). (Verfügbar über https://www.gesetze-im-internet.de)
- GKV-Spitzenverband: Veröffentlicht Richtlinien und oft auch die jährlichen Einkommensgrenzen für die Härtefallregelung. (Verfügbar auf der Website des GKV-Spitzenverbandes)
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG): Informationen zur gesetzlichen Krankenversicherung und Patientenrechten.
- Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die jeweiligen Landes-KZVen: Bieten detaillierte Informationen zur Abrechnung von Zahnersatz und zur Härtefallregelung. (Websites der KZBV und Länder-KZVen)
- Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) oder Verbraucherzentralen: Bieten Patienteninformationen zur Härtefallregelung.
- Die jeweilige Krankenkasse des Patienten: Ist der primäre Ansprechpartner für den Antrag und Auskünfte zu den aktuellen Einkommensgrenzen.
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