9.2.3 Tätigkeit bei Landeszahnärztekammer (LZK) / Kassenzahnärztlicher Vereinigung (KZV)
Ziel & Einführung: Eine Karriere bei den Körperschaften der zahnärztlichen Selbstverwaltung (LZK, KZV, BZÄK, KZBV) ist eine spezialisierte Laufbahn für approbierte Zahnärzte, die ihr Fachwissen primär administrativ, beratend, gestaltend und organisatorisch einsetzen möchten. Statt am Behandlungsstuhl arbeiten Sie hier an den Rahmenbedingungen des Berufsstandes, unterstützen die Mitglieder und wirken an der Schnittstelle von Zahnmedizin, Recht, Verwaltung und Gesundheitspolitik. Es ist eine Tätigkeit, die ein Verständnis für das „große Ganze“ erfordert und die Möglichkeit bietet, die Zukunft des Berufsstandes aktiv mitzuprägen.
Wichtige Unterscheidung: Fokus liegt auf der hauptamtlichen Anstellung. Das Ehrenamt (gewählte Funktionen) ist separat zu betrachten, obwohl es Verbindungen geben kann.
Potenzielle Arbeitgeber
Landeszahnärztekammern (LZK), Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZV), Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) sowie deren zugehörige Einrichtungen (Akademien, Institute).
- LZKs (17): Fokus auf Berufsrecht, Weiter-/Fortbildung, Gutachten, Patientenberatung, z.T. ZFA-Ausbildung.
- KZVs (17): Fokus auf Sicherstellung der GKV-Versorgung, Abrechnung BEMA, Zulassung, Wirtschaftlichkeitsprüfung, Vertragsrecht (Zahnarzt/Kasse).
- BZÄK (Bundesebene LZKs): Musterordnungen, GOZ, politische Vertretung Gesamtstand.
- KZBV (Bundesebene KZVs): Verhandlungen GKV-Spitzenverband, BEMA, Richtlinien, politische Vertretung Vertragszahnärzte.
Typische Rollen & Aufgaben für angestellte Zahnärzte (Referenten/Sachbearbeiter) – Ein tieferer Einblick
Die Arbeit als angestellte/r Zahnarzt/Zahnärztin in einer Körperschaft ist sehr vielfältig und unterscheidet sich stark je nach Abteilung (Referat). Hier einige Beispiele mit konkreteren Aufgaben:
- Referat Weiterbildung (LZK):
- Aufgaben: Prüfung und Bearbeitung von Anträgen auf Zulassung zur Weiterbildung und zur Prüfung; Beratung von Weiterbildungsassistenten und Weiterbildern zu WBO-Fragen; Organisation und Durchführung der Fachzahnarztprüfungen (inhaltliche Vorbereitung, Prüfergewinnung, Protokollierung); Pflege und Überarbeitung der Weiterbildungsordnung und des Katalogs; Anerkennung von Weiterbildungsstätten (Prüfung der Voraussetzungen).
- Interaktion: Mit Weiterbildungsassistenten, Weiterbildern (Praxen/Kliniken), Prüfungsausschussmitgliedern, Vertretern der Universitäten, dem Vorstand/Weiterbildungsausschuss der LZK.
- Herausforderungen: Umgang mit komplexen Einzelfällen bei der Anrechnung von Zeiten, Sicherstellung einheitlicher Prüfungsstandards.
- Referat Fortbildung (LZK):
- Aufgaben: Entwicklung des Fortbildungsprogramms der Kammer/Akademie (Themenfindung, Referentenauswahl, Kalkulation); Bewertung und Anerkennung externer Fortbildungsveranstaltungen nach den Leitsätzen BZÄK/DGZMK; Überwachung der Fortbildungspflicht der Mitglieder (Punktekontenführung, Mahnwesen bei Nichterfüllung); Beratung von Mitgliedern zu Fortbildungsfragen.
- Interaktion: Mit Mitgliedern, Fortbildungsanbietern, Referenten, dem Fortbildungsausschuss.
- Herausforderungen: Sicherstellung der Qualität und Neutralität des Fortbildungsangebots, Umgang mit der Fülle externer Angebote.
- Referat Berufsrecht / Satzungsrecht (LZK):
- Aufgaben: Bearbeitung von Patientenbeschwerden gegen Mitglieder (Prüfung auf Verstöße gegen die Berufsordnung); Vorbereitung von Verfahren vor dem Berufsgericht; Beratung von Mitgliedern zu Fragen der Berufsordnung (Praxisschild, Werbung, Kollegialität, Dokumentation etc.); Mitwirkung an der Überarbeitung von Berufsordnung und anderen Satzungen; Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen mit berufsrechtlichem Bezug.
- Interaktion: Mit Mitgliedern, Patienten, Anwälten, Berufsgerichten, dem Vorstand/Rechtsausschuss.
- Herausforderungen: Objektive Bewertung komplexer Sachverhalte, Umgang mit Konfliktsituationen, rechtlich präzises Arbeiten.
- Referat Abrechnung GOZ (LZK) / BEMA (KZV):
- Aufgaben: Beratung von Mitgliedern zu spezifischen Fragen der privaten (GOZ) bzw. gesetzlichen (BEMA) Abrechnung; Erstellung von Kommentaren, Leitfäden und Abrechnungsempfehlungen; Bearbeitung von Streitfällen zwischen Zahnärzten und Kostenträgern (PKV, Beihilfe – bei GOZ / GKV – bei BEMA); Mitwirkung in Abrechnungsausschüssen; Schulung von Praxisteams (KZV oft auch bei BEMA).
- Interaktion: Mit Mitgliedern, Kostenträgern (PKV, GKV), Gutachtern, spezialisierten Anwälten.
- Herausforderungen: Hohe Komplexität der Gebührenordnungen und Richtlinien, ständige Änderungen, Notwendigkeit tiefer Detailkenntnisse.
- Referat Qualitätsmanagement (LZK/KZV):
- Aufgaben: Entwicklung und Bereitstellung von Arbeitshilfen zum gesetzlich geforderten einrichtungsinternen QM; Beratung von Praxen bei der Implementierung von QM-Systemen; Organisation von Informationsveranstaltungen; ggf. Mitwirkung an Begehungen oder Zertifizierungen (je nach Landesregelung).
- Interaktion: Mit Mitgliedern, QM-Beratern, ggf. Behörden.
- Herausforderungen: Motivation der Praxen zur aktiven Umsetzung von QM, Vermittlung der komplexen Anforderungen.
- Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (LZK/KZV/BZÄK/KZBV):
- Aufgaben: Verfassen von Pressemitteilungen und Fachartikeln; Beantwortung von Presseanfragen; Betreuung der Website und Social-Media-Kanäle; Erstellung von Informationsmaterial für Patienten und Mitglieder; Organisation von Pressekonferenzen; Monitoring der Medienberichterstattung.
- Interaktion: Mit Journalisten, Mitgliedern, Vorstand, externen Agenturen.
- Herausforderungen: Schnelle Reaktion auf aktuelle Ereignisse, verständliche Darstellung komplexer (gesundheits-)politischer Themen, Krisenkommunikation.
Benötigte Fähigkeiten & Qualifikationen (Vertieft)
- Basis: Approbation + meist mehrjährige praktische Erfahrung (glaubwürdiges Verständnis für die Praxis).
- Verwaltungs- & Organisationstalent: Fähigkeit, komplexe Vorgänge strukturiert zu bearbeiten, Termine zu managen, Projekte zu organisieren.
- Rechtsverständnis: Fähigkeit, Gesetze, Verordnungen und Satzungen zu lesen, zu interpretieren und anzuwenden (Berufsrecht, SGB V, GOZ/BEMA, Datenschutz etc.). Juristische Zusatzqualifikation ist ein Plus, aber nicht zwingend.
- Kommunikationsstärke: Klar und präzise formulieren (schriftlich und mündlich), komplexe Sachverhalte adressatengerecht aufbereiten (für Zahnärzte, Juristen, Politiker, Laien), Verhandlungsgeschick (intern/extern), Konfliktfähigkeit.
- Analytisches Denken: Probleme erkennen, Informationen bewerten, Lösungsansätze entwickeln.
- IT-Affinität: Sicherer Umgang mit Standard-Office-Software, Bereitschaft zur Einarbeitung in spezifische Datenbanken oder Verwaltungsprogramme.
- Politische Sensibilität: Verständnis für die Interessenlagen verschiedener Akteure im Gesundheitswesen und innerhalb der Selbstverwaltung.
- Teamfähigkeit & Dienstleistungsorientierung: Zusammenarbeit mit Kollegen und Service für die Mitglieder.
- Selbstständigkeit & Eigeninitiative: Fähigkeit, Themen eigenverantwortlich zu bearbeiten und voranzutreiben.
- Belastbarkeit: Auch unter Zeitdruck oder bei hohem Arbeitsanfall sorgfältig arbeiten.
Wege in eine Tätigkeit bei LZK/KZV & Karriereentwicklung (Vertieft)
- Einstieg: Meist über Bewerbung auf ausgeschriebene Stellen. Wichtig sind neben der zahnärztlichen Qualifikation oft Nachweise für die zusätzlich geforderten Fähigkeiten (z.B. durch Fortbildungen in Management, Recht oder durch bisherige Tätigkeiten). Netzwerken kann helfen, auf offene Stellen aufmerksam zu werden.
- Ehrenamt als Türöffner?: Eine vorherige ehrenamtliche Tätigkeit in Gremien kann hilfreich sein, da man Strukturen und Personen kennt und Engagement zeigt. Es ist aber keine zwingende Voraussetzung und ersetzt nicht die Qualifikation für die hauptamtliche Stelle.
- Karrierepfade: Oft Einstieg als Referent/in. Entwicklungsmöglichkeiten durch Übernahme von mehr Verantwortung, Leitung von Projekten, Spezialisierung. Aufstieg zur Referats- oder Abteilungsleitung erfordert zunehmend Management- und Führungskompetenz, oft auch vertiefte Kenntnisse in Recht oder Verwaltung. Weiterbildungen (z.B. MBA, MPH, spezialisierte Kurse) können hierfür sinnvoll sein und werden teilweise vom Arbeitgeber gefördert. Die Anzahl der Führungspositionen ist naturgemäß begrenzt.
Finanzielle Aspekte (Vertieft)
- Vergütungsstruktur: Meist nach öffentlichen Tarifen (TV-L, TVöD) oder daran angelehnte Haustarifverträge.
- Eingruppierung (Angestellte): Oft E14 oder E15 TV-L/TVöD für Referenten, mit Stufenaufstieg.
- Verbeamtung: Oft möglich, Besoldung nach Landesbesoldungsordnung A (A14, A15, A16).
- Einkommenshöhe & Vergleich: Stabiles, gutes Gehalt mit hoher Sicherheit und guten Sozialleistungen/Altersversorgung. Liegt i.d.R. unter dem Top-Potenzial einer Niederlassung, aber oft konkurrenzfähig mit oder über dem Gehalt angestellter (Fach-)Zahnärzte in Praxis/Klinik.
- Zusatzleistungen: Z.B. betriebliche Altersversorgung (VBL), Jobticket, Fortbildungsförderung.
Ressourcen Gehaltstabellen: oeffentlicher-dienst.info.
Pro und Contra (Vertieft)
Vorteile:Geregelte Arbeitszeiten & Planbarkeit: Sehr gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Hohe Arbeitsplatzsicherheit: Krisenfester Arbeitsplatz, oft Verbeamtung möglich.
Sinnstiftung: Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für Tausende von Kollegen mitzugestalten und die zahnärztliche Versorgung zu sichern.
Intellektuelle Vielfalt: Arbeit an konzeptionellen, rechtlichen, organisatorischen Fragen.
Breiter Überblick & Netzwerk: Einblick in alle Bereiche der Zahnmedizin und Gesundheitspolitik.
Weniger körperliche Belastung und Stressfaktoren der direkten Patientenbehandlung. Nachteile:Distanz zur Praxis: Kein Patientenkontakt, Gefahr des „klinischen Rostens“.
Verwaltungslastigkeit: Arbeit oft geprägt von Gremiensitzungen, Protokollen, Verwaltungsvorgängen („Bürokratie“).
Interne Politik: Notwendigkeit, sich in Strukturen der Selbstverwaltung mit Wahlen, unterschiedlichen Interessenlagen und politischen Strömungen zurechtzufinden.
Langsamere Prozesse: Entscheidungswege in Körperschaften können länger sein als in der freien Wirtschaft.
Geringere Flexibilität/Autonomie als in eigener Praxis.
Begrenztes Gehaltspotenzial im Vergleich zur Spitze der Niederlassung.
Ressourcen für die Jobsuche
- Karriereseiten der Körperschaften (BZÄK, KZBV, LZKs, KZVs – Links siehe oben/früher).
- Netzwerken über Veranstaltungen der Kammern/KZVen.
Tipp: Diese Tätigkeit erfordert neben zahnmedizinischem Wissen vor allem Interesse an strukturellem Arbeiten, rechtlich-administrativen Fragestellungen und gesundheitspolitischen Zusammenhängen. Ein „Praktikum“ oder eine Hospitation (falls möglich) oder ehrenamtliches Engagement können helfen, die Eignung zu prüfen.