
Die Händehygiene ist eine der wichtigsten Säulen der Infektionsprävention in der Zahnarztpraxis. Sie schützt sowohl das Praxisteam als auch die Patientinnen und Patienten vor der Übertragung von Krankheitserregern. Doch wann ist das Händewaschen mit Seife ausreichend und wann ist die hygienische Händedesinfektion das Mittel der Wahl? Dieser Artikel gibt einen Überblick basierend auf den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO).
Händewaschen: Reinigung bei sichtbarer Verschmutzung
Das Händewaschen mit Wasser und Seife dient primär der mechanischen Reinigung. Es entfernt sichtbaren Schmutz, organische Materialien und einen Teil der transienten (anhaftenden) Hautflora.
Indikationen für das Händewaschen:
- Bei sichtbarer Verschmutzung der Hände (z.B. mit Staub, Blut, Sekreten – hier ggf. anschließend desinfizieren!).
- Nach dem Toilettengang.
- Vor dem Umgang mit Lebensmitteln oder vor dem Essen.
- Nach dem Naseputzen, Husten oder Niesen (wenn die Hand benutzt wurde).
- Nach möglichem Kontakt mit Sporenbildnern (z.B. Clostridioides difficile): Hier ist das Waschen entscheidend, um die Sporen mechanisch zu entfernen, da alkoholische Desinfektionsmittel gegen Sporen unwirksam sind.
Hygienische Händedesinfektion: Der Goldstandard im Behandlungsablauf
Die hygienische Händedesinfektion mit einem alkoholischen Händedesinfektionsmittel ist die Standardmaßnahme zur Reduktion der Keimzahl auf den Händen im klinischen Alltag. Sie ist wirksamer gegen die meisten relevanten Bakterien und Viren als das Waschen und zudem hautschonender bei korrekter Anwendung und Hautpflege.
Indikationen für die Händedesinfektion (gemäß den „5 Momenten der Händehygiene“ der WHO, angepasst):
- Vor Patientenkontakt: Unmittelbar bevor Sie den Patienten oder dessen unmittelbare Umgebung berühren.
- Vor aseptischen Tätigkeiten: Z.B. vor dem Anlegen von Handschuhen für chirurgische Eingriffe, vor Injektionen, vor dem Umgang mit sterilen Materialien.
- Nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material: Unmittelbar nach Kontakt mit Blut, Speichel, Sekreten, Schleimhäuten oder nicht-intakter Haut – auch wenn Handschuhe getragen wurden! (Nach dem Ausziehen der Handschuhe).
- Nach Patientenkontakt: Unmittelbar nachdem Sie den Patienten berührt haben.
- Nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung: Auch wenn kein direkter Patientenkontakt stattfand (z.B. nach Berühren von Behandlungseinheit, Instrumententisch, Patientenakte im Behandlungszimmer).
Praktische Umsetzung: Die Händedesinfektion erfolgt auch immer nach dem Ausziehen von Einmalhandschuhen, da diese Mikroperforationen aufweisen können oder die Hände beim Ausziehen kontaminiert werden können.
Richtige Durchführung der hygienischen Händedesinfektion:
- Produktauswahl: Verwenden Sie ein alkoholisches Händedesinfektionsmittel, das mindestens als „bakterizid, levurozid, begrenzt viruzid“ ausgelobt ist (gemäß RKI-Empfehlung für den Routinebetrieb). Achten Sie auf Listungen (z.B. VAH, RKI).
- Menge: Ausreichend Desinfektionsmittel (ca. 3-5 ml, eine hohle Hand voll) auf die trockenen Hände geben.
- Technik (Standard-Einreibemethode nach EN 1500): Das Mittel über die gesamte Einwirkzeit auf allen Arealen der Hände gründlich verreiben: Handflächen, Handrücken, Fingerzwischenräume, Daumen, Fingerspitzen und Nagelfalze, Handgelenke. Die Hände müssen während der gesamten Zeit feucht bleiben.
- Einwirkzeit: Mindestens 30 Sekunden. Herstellerangaben für spezifische Wirksamkeiten (z.B. „begrenzt viruzid PLUS“, „viruzid“) beachten, diese können länger sein!
Kombination von Waschen und Desinfizieren
- Bei sichtbarer Verschmutzung: Erst Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen, sorgfältig abtrocknen (mit Einmaltuch), dann hygienisch desinfizieren.
- Nach Kontakt mit Sporenbildnern: Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen, um Sporen mechanisch zu entfernen. Sorgfältig abtrocknen. Eine anschließende alkoholische Desinfektion ist gegen die Sporen selbst wirkungslos, kann aber zur Reduktion anderer Keime sinnvoll sein, wenn z.B. danach Patientenkontakt folgt.
Wichtige Rahmenbedingungen
- Hautpflege: Regelmäßige Anwendung von Hautpflegeprodukten (rückfettende Cremes) in Pausen und nach Arbeitsende ist essenziell, um die Hautbarriere intakt zu halten. Nur gesunde Haut lässt sich effektiv desinfizieren.
- Nägel und Schmuck: Fingernägel kurz und sauber halten. Kein Nagellack, keine künstlichen Nägel. Kein Schmuck (Ringe, Armbänder, Uhren) an Händen und Unterarmen während der Behandlung.
Fazit
Die korrekte Händehygiene ist ein nicht verhandelbarer Standard in der Zahnarztpraxis. Die hygienische Händedesinfektion ist die Regel in den meisten klinischen Situationen, insbesondere vor und nach Patientenkontakt sowie nach möglichem Kontakt mit infektiösem Material. Das Händewaschen ist auf Situationen mit sichtbarer Verschmutzung oder möglichem Kontakt mit Sporenbildnern beschränkt. Die konsequente Umsetzung dieser Prinzipien durch das gesamte Praxisteam schützt alle Beteiligten wirksam vor Infektionen.
Quellen (Beispiele)
- Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim RKI: Empfehlung „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ (Aktuelle Fassung, z.B. veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt).
- Robert Koch-Institut (RKI): Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene“ (Aktuelle Fassung). Verfügbar auf der RKI-Website (https://www.rki.de).
- Aktion Saubere Hände: Nationale Kampagne zur Verbesserung der Händehygiene. (https://www.aktion-sauberehaende.de).
- Weltgesundheitsorganisation (WHO): „My 5 Moments for Hand Hygiene“. (https://www.who.int/campaigns/world-hand-hygiene-day).
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