
Eine sorgfältige, vollständige und korrekte Dokumentation ist ein fundamentaler Bestandteil der zahnärztlichen Berufsausübung. Sie dient nicht nur der unerlässlichen rechtlichen Absicherung der Praxis, sondern ist auch ein zentrales Instrument der Qualitätssicherung, der Patientensicherheit, der Behandlungsplanung und -kontinuität sowie der Abrechnung. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der Dokumentationspflicht.
Rechtliche Grundlagen der Dokumentationspflicht
Die Verpflichtung zur Dokumentation ergibt sich aus einem Zusammenspiel verschiedener Gesetze und Regelwerke:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Kernvorschrift ist § 630f BGB (Dokumentation der Behandlung) im Rahmen des Patientenrechtegesetzes, das die Mindestanforderungen an den Inhalt und die Form der Patientenakte festlegt.
- Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern (BO): Basierend auf den Heilberufe-Kammergesetzen der Länder enthalten die Berufsordnungen detaillierte Vorschriften zur Führung von Patientendokumentationen (oft angelehnt an die Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer, MBO-Z).
- Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und Strahlenschutzverordnung (StrlSchV): Diese ersetzen seit Ende 2018 die frühere Röntgenverordnung und regeln umfassend die Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit der Anwendung ionisierender Strahlung (Röntgen).
- Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Regeln den Umgang mit personenbezogenen Gesundheitsdaten, einschließlich Zugriff, Speicherung und Schutz der Patientenakte.
- Zahnheilkundegesetz (ZHG): Regelt die Ausübung der Zahnheilkunde, die Berufsordnungen konkretisieren die daraus resultierenden Pflichten wie die Dokumentation.
Inhalte der Patientenakte (Gemäß § 630f BGB)
Die Patientenakte muss alle für die Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse umfassen. Dazu gehören insbesondere:
- Stammdaten: Name, Geburtsdatum, Anschrift, Kontaktdaten, Versicherungsstatus.
- Anamnese: Allgemeine und spezielle zahnmedizinische Vorgeschichte (Erkrankungen, Allergien, Medikamenteneinnahme, Risikofaktoren wie Rauchen, Schwangerschaft etc.).
- Befunde: Detaillierte klinische Befunde (Zahnstatus, Parodontalstatus wie PSI/Taschentiefen/BOP, Schleimhautbefunde etc.), Ergebnisse bildgebender Verfahren (Röntgenbefundung!), ggf. Laborbefunde oder Modellanalysen.
- Diagnosen: Zahnmedizinische Diagnosen (ggf. unter Verwendung anerkannter Nomenklaturen, ICD-10 wo zutreffend/gefordert).
- Therapieplanung: Vorgeschlagene Behandlungsalternativen, Behandlungsplan, Heil- und Kostenpläne (HKP).
- Aufklärung und Einwilligung (Einverständnis): Dokumentation der Aufklärung über Befund, Diagnose, Therapieoptionen, Risiken, Alternativen, Prognose und Kosten. Die Einwilligung des Patienten in die geplante Maßnahme, insbesondere bei invasiven Eingriffen, muss dokumentiert sein (schriftliche Einwilligung empfohlen).
- Durchgeführte Behandlungen: Zahn-/Regionsbezogene Dokumentation aller therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen mit Datum, Art der Leistung, verwendete Anästhetika, spezifische Materialien (z.B. Füllungsmaterial, Zement), bei Implantaten und bestimmten Medizinprodukten auch Chargennummern.
- Behandlungsverlauf: Chronologische Aufzeichnungen über den Fortgang der Behandlung, besondere Vorkommnisse, Komplikationen und deren Management.
- Medikamente: Verordnete oder angewendete Arzneimittel (Name, Dosierung, Applikationsform, Datum).
- Korrespondenz: Relevanter Schriftverkehr (Arztbriefe, Überweisungen, Konsile, Gutachten).
Form, Zeitnähe und Korrekturen
- Form: Die Dokumentation kann schriftlich oder elektronisch erfolgen. Bei elektronischer Führung müssen die Grundsätze ordnungsgemäßer Datenverarbeitung beachtet werden (Datensicherheit, Unveränderbarkeit bzw. Nachvollziehbarkeit von Änderungen, Zugriffsschutz, regelmäßige Sicherung).
- Zeitnähe: Die Dokumentation muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung erfolgen (§ 630f Abs. 1 BGB).
- Lesbarkeit und Verständlichkeit: Einträge müssen klar, lesbar und fachlich nachvollziehbar sein. Eindeutige Abkürzungen verwenden.
- Korrekturen: Nachträgliche Änderungen müssen als solche erkennbar sein und dürfen den ursprünglichen Inhalt nicht unkenntlich machen (kein Tipp-Ex, kein Löschen). Bei Papierakten wird durchgestrichen, korrigiert und mit Datum/Handzeichen versehen. Elektronische Systeme müssen Änderungen revisionssicher protokollieren (Audit Trail).
Besondere Dokumentationspflichten (Beispiele)
- Röntgen/Strahlenschutz (StrlSchG/StrlSchV): Rechtfertigende Indikation, Zeitpunkt und Art der Anwendung, untersuchte Körperregion, Daten zur Exposition (z.B. Dosisflächenprodukt), Ergebnisse der Befundung.
- Komplikationen: Art der Komplikation, Zeitpunkt, ergriffene Maßnahmen zur Behebung und weitere Aufklärung des Patienten müssen detailliert festgehalten werden.
Aufbewahrungsfristen
- Allgemeine Patientenakte: Gemäß § 630f Abs. 3 BGB beträgt die Aufbewahrungsfrist 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung.
- Aufzeichnungen nach StrlSchV (Röntgen): Nach § 85 Abs. 3 StrlSchV sind Aufzeichnungen über Röntgenanwendungen (inkl. Bilder) in der Regel 10 Jahre nach der letzten Untersuchung aufzubewahren. Wichtige Ausnahme: Bei Behandlungen von Personen unter 18 Jahren enden die Aufbewahrungsfristen erst, wenn diese Person das 28. Lebensjahr vollendet hat. Längere Fristen können sich aus anderen Vorschriften oder spezifischen Situationen ergeben.
Datenschutz (DSGVO)
Patientendaten unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht und den strengen Vorgaben der DSGVO. Organisatorische und technische Maßnahmen müssen sicherstellen, dass die Daten vertraulich behandelt und vor unbefugtem Zugriff, Verlust oder Missbrauch geschützt werden.
Patientenrechte bezüglich der Dokumentation
Patienten haben gemäß § 630g BGB das Recht auf Einsichtnahme in ihre vollständige Patientenakte. Sie können auch Kopien der Akte verlangen, wofür die Praxis Ersatz der entstandenen Kosten fordern kann.
Fazit
Die Dokumentationspflicht ist eine zentrale zahnärztliche Obliegenheit mit weitreichender Bedeutung. Eine präzise, vollständige und zeitnahe Dokumentation schützt Behandler und Patient gleichermaßen, sichert die Behandlungsqualität und erfüllt die gesetzlichen Anforderungen. Die Kenntnis der relevanten Vorschriften (insbesondere BGB, Berufsordnung, StrlSchV, DSGVO) und deren konsequente Umsetzung im Praxisalltag sind unerlässlich. Regelmäßige Fortbildungen und Praxis-Audits können helfen, die Dokumentationsqualität auf hohem Niveau zu halten.
Quellen:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Insbesondere §§ 630a-h (Behandlungsvertrag, Patientenrechtegesetz). (Verfügbar über https://www.gesetze-im-internet.de)
- Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO-Z): Dient als Vorlage für die Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern. (Verfügbar auf https://www.bzaek.de – die spezifische Landes-BO ist maßgeblich)
- Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und Strahlenschutzverordnung (StrlSchV): Insbesondere § 85 StrlSchV (Aufzeichnungen bei medizinischer Exposition). (Verfügbar über https://www.gesetze-im-internet.de)
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): EU-Verordnung zum Schutz personenbezogener Daten. (Verfügbar z.B. über https://dsgvo-gesetz.de/)
- Bundeszahnärztekammer (BZÄK) / Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV): Bieten oft Leitfäden und Informationen zu Dokumentation, Qualitätsmanagement und Datenschutz. (Websites der Organisationen)
- Landeszahnärztekammern und Kassenzahnärztliche Vereinigungen der Länder: Stellen spezifische Informationen und Vorlagen zur Verfügung.
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