
Informierte Einwilligung (Informed Consent) – Mehr als nur eine Unterschrift
Dies ist einer der wichtigsten rechtlichen Aspekte Ihrer Tätigkeit! Bevor Sie eine medizinische Maßnahme durchführen (von der Füllung bis zur Operation), benötigen Sie die wirksame Einwilligung des Patienten. Und diese Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie „informiert“ ist.
- Was bedeutet „Informierte Einwilligung“? (§ 630d, § 630e BGB)
- Es bedeutet, dass der Patient freiwillig und auf der Grundlage einer umfassenden und verständlichen Aufklärung der geplanten Maßnahme zustimmt.
- Es ist ein Prozess, der ein Aufklärungsgespräch beinhaltet, nicht nur das Unterschreiben eines Formulars! Das Formular dokumentiert nur, dass aufgeklärt wurde und eingewilligt wird.
- Was MUSS die Aufklärung umfassen?
Sie müssen den Patienten aufklären über:- Diagnose/Befund: Was liegt vor?
- Geplante Maßnahme: Was genau soll gemacht werden? Wie läuft es ab?
- Notwendigkeit/Dringlichkeit: Warum ist die Behandlung medizinisch angezeigt?
- Behandlungsalternativen: Gibt es andere sinnvolle Möglichkeiten (konservativ vs. chirurgisch, verschiedene Materialien, ggf. auch Abwarten/Nichtstun)? Mit deren jeweiligen Vor- und Nachteilen!
- Risiken und mögliche Komplikationen: Sie müssen über die typischen, aber auch über seltene, aber schwerwiegende Risiken aufklären, die mit dem Eingriff verbunden sind (z.B. Nervverletzung bei WSR/Implantation, Zahnfraktur bei Extraktion, Allergie).
- Erfolgsaussichten/Prognose: Was kann realistischerweise erwartet werden? Wie sind die Langzeitaussichten?
- Wirtschaftliche Aspekte: Die voraussichtlichen Kosten, insbesondere der Eigenanteil (siehe Artikel 4).
- Verständlichkeit sicherstellen:
- Es reicht nicht, die Fakten nur aufzuzählen. Verwenden Sie einfache Sprache, vermeiden Sie Fachjargon, nutzen Sie visuelle Hilfen (siehe Artikel 7).
- Fragen Sie aktiv nach, ob der Patient alles verstanden hat. Nutzen Sie die Teach-Back-Methode („Können Sie mir kurz mit Ihren Worten erklären, was wir besprochen haben?“).
- Einwilligungsfähigkeit:
- Sie müssen sich davon überzeugen, dass der Patient in der Lage ist, die Informationen zu verstehen und eine eigene Entscheidung zu treffen. Bei Minderjährigen (je nach Alter/Reife) oder Patienten mit stark eingeschränkter Einsichtsfähigkeit (z.B. fortgeschrittene Demenz) ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (Eltern, Betreuer) erforderlich.
- Zeitpunkt der Aufklärung:
- Die Aufklärung muss rechtzeitig vor dem Eingriff erfolgen, sodass der Patient ausreichend Bedenkzeit hat. Bei größeren Eingriffen sollte das Gespräch nicht erst unmittelbar vor der Behandlung stattfinden.
- Dokumentation der Aufklärung und Einwilligung:
- Absolut entscheidend! Dokumentieren Sie in der Patientenakte detailliert, dass die Aufklärung stattgefunden hat, worüber aufgeklärt wurde (Stichpunkte zu den oben genannten Inhalten!), dass der Patient Fragen stellen konnte und dass er in die geplante Maßnahme eingewilligt hat.
- Die Unterschrift auf einem standardisierten Aufklärungsbogen ist hilfreich und üblich, ersetzt aber NICHT die individuelle Dokumentation des Gesprächsverlaufs und der Einwilligung in der Akte!
Schweigepflicht und Datenschutz (DSGVO) – Diskretion ist Pflicht
Alles, was Sie im Rahmen der Behandlung über Ihre Patienten erfahren, unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht und strengen Datenschutzregeln.
- Schweigepflicht (§ 203 StGB, Berufsordnungen):
- Sie dürfen Informationen über Patienten (Diagnosen, Behandlungen, persönliche Umstände) nicht unbefugt an Dritte weitergeben.
- „Dritte“ sind auch Familienangehörige (Ehepartner, Kinder – sofern nicht sorgeberechtigt bei Minderjährigen), Freunde, Arbeitgeber oder auch andere Ärzte, wenn keine Schweigepflichtsentbindung vorliegt!
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):
- Regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten. Patienten haben umfangreiche Rechte (Auskunft, Berichtigung, Löschung etc.).
- Sorgen Sie für einen sorgsamen Umgang mit Patientenakten (digital und Papier), Rezepten, Röntgenbildern etc. Zugriffsbeschränkungen in der Praxissoftware, sichere Aufbewahrung, datenschutzkonforme Entsorgung.
- Schweigepflichtsentbindung:
- Der Patient kann Sie (am besten schriftlich!) von der Schweigepflicht entbinden, um z.B. Informationen an einen weiterbehandelnden Arzt, die Versicherung oder Angehörige weiterzugeben.
- Praxisalltag:
- Seien Sie diskret bei Gesprächen am Empfang oder am Telefon.
- Achten Sie darauf, dass Unbefugte keine Einsicht in Patientenunterlagen oder den Praxiscomputer haben (Bildschirmschoner!).
- Entsorgen Sie Papiere mit Patientendaten sicher (Schredder!).
Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit – Die Basis des Vertrauens
Auch wenn es manchmal unangenehm ist – Ehrlichkeit ist fundamental für eine gute Arzt-Patienten-Beziehung.
- Realistische Prognosen:
- Machen Sie keine falschen Versprechungen bezüglich der Haltbarkeit von Versorgungen oder dem Erfolg einer Behandlung. Klären Sie realistisch über Chancen und Grenzen auf.
- Offenheit bei Komplikationen oder Fehlern:
- Dies ist ein schwieriges Feld. Grundsätzlich gilt: Passiert etwas Unerwartetes oder unterläuft Ihnen ein Fehler, ist eine offene und ehrliche Kommunikation mit dem Patienten meist der bessere Weg als Vertuschung. Patienten können Fehler oft verzeihen, wenn offen damit umgegangen wird.
- Wichtig: Besprechen Sie das Vorgehen bei Behandlungsfehlern unbedingt mit Ihrer Berufshaftpflichtversicherung und ggf. der Praxisleitung! Es gibt spezielle juristische Aspekte zu beachten. Die Patientenaufklärung über den Sachverhalt ist aber gesetzlich vorgeschrieben (§ 630g BGB).
- Grenzen der eigenen Kompetenz:
- Seien Sie ehrlich zu sich selbst und zum Patienten, wenn eine Behandlung Ihre Fähigkeiten übersteigt. Eine rechtzeitige Überweisung an einen Spezialisten (MKG-Chirurg, Endodontologe, Parodontologe etc.) ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung.
Respektvoller Umgang – Eine Selbstverständlichkeit
Dieser Punkt sollte eigentlich keiner Erwähnung bedürfen, ist aber die Grundlage jeder ethischen Kommunikation.
- Behandeln Sie jeden Patienten mit Höflichkeit, Würde und Respekt – unabhängig von seinem Aussehen, seiner Herkunft, seinem sozialen Status, seiner Bildung oder seinem Verhalten.
- Seien Sie vorurteilsfrei und lassen Sie Ihre persönlichen Sympathien oder Antipathien nicht Ihre Kommunikation oder Behandlung beeinflussen.
- Sehen Sie den Patienten als Partner auf Augenhöhe.
Fazit
Die Beachtung dieser rechtlichen und ethischen Grundsätze in Ihrer täglichen Kommunikation ist unerlässlich. Sie schafft nicht nur die notwendige rechtliche Absicherung, sondern ist vor allem die Basis für das Vertrauen und den Respekt, die für eine erfolgreiche und zufriedenstellende Behandlung von Patienten notwendig sind.
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