Neben den allgemeinen Gesetzen, die für alle Bürger gelten (wie das BGB oder StGB), und den sozialrechtlichen Regelungen für die Kassenpraxis (SGB V), gibt es ein spezifisches Berufsrecht, das die Ausübung des zahnärztlichen Berufs detailliert regelt. Es definiert Ihre Rechte und Pflichten als Angehörige eines Freien Berufs und soll die Qualität der Versorgung, das Vertrauen der Patienten und das Ansehen des Berufsstandes sichern.
A. Die Basis – Zahnheilkundegesetz (ZHG) und Approbation
- Zahnheilkundegesetz (ZHG): Dieses Gesetz definiert, was überhaupt unter „Ausübung der Zahnheilkunde“ zu verstehen ist – nämlich die berufsmäßige Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Es legt fest, dass diese Ausübung grundsätzlich nur approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzten erlaubt ist (Approbationsvorbehalt).
- Approbation (ZÄApprO): Die Approbation ist Ihre staatliche Zulassung zur uneingeschränkten Ausübung des zahnärztlichen Berufs. Die Voraussetzungen dafür (Studium, Prüfung) sind in der Approbationsordnung für Zahnärzte (ZÄApprO) geregelt. Mit der Approbation übernehmen Sie die volle persönliche Verantwortung für Ihr Handeln.
B. Das Regelwerk im Detail – Die (Muster-)Berufsordnung (MBO-Z)
Die konkreten Berufspflichten sind in den Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern festgelegt. Diese basieren meist auf einer Muster-Berufsordnung (MBO-Z) und sind für alle Kammermitglieder verbindlich. Verstöße können zu berufsrechtlichen Maßnahmen (Rüge, Bußgeld etc.) führen. Hier die wichtigsten Regelungsbereiche:
- Allgemeine Berufspflichten:
- Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit: Sie müssen Ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Regeln der zahnärztlichen Kunst ausüben (siehe auch Sorgfaltspflicht in Artikel 2).
- Wahrung des Ansehens: Ihr Verhalten (auch außerhalb der Praxis) soll das Ansehen des Berufsstandes nicht beschädigen.
- Verbot der Zusammenarbeit mit Unbefugten: Sie dürfen Kernbereiche der Zahnheilkunde nicht an Personen delegieren, die dazu nicht berechtigt sind (z.B. keine Diagnostik oder Therapieplanung durch nicht-zahnärztliches Personal).
- Fortbildungspflicht (Berufsrechtlich):
- Jede Berufsordnung verpflichtet Sie, sich kontinuierlich fachlich fortzubilden, um Ihr Wissen und Können auf dem aktuellen Stand zu halten (Details siehe Punkt C).
- Schweigepflicht (Berufsrechtlich):
- Die Berufsordnungen bekräftigen die bereits gesetzlich verankerte Schweigepflicht (§ 203 StGB) als zentrale Berufspflicht (siehe Details in Artikel 2).
- Kollegiales Verhalten:
- Der Umgang mit Kolleginnen und Kollegen soll von Respekt und Fairness geprägt sein.
- Verbot der unsachlichen Kritik an der Behandlung eines Kollegen (insbesondere vor Patienten!). Bei begründeten Zweifeln sollte zunächst das Gespräch mit dem Kollegen gesucht werden.
- Regelungen zum Konsiliarverfahren (Einholung einer Zweitmeinung).
- Grundsätzlich Verbot der Abwerbung von Patienten oder Personal (im Rahmen des Wettbewerbsrechts aber Grenzen).
- Praxisführung und Delegation:
- Anforderungen an die Praxiseinrichtung (Hygiene, Notfallausstattung etc.).
- Regelungen zur Niederlassung (Verbot von reinen „Zweigpraxen“ ohne ausreichende Präsenz des Zahnarztes).
- Delegation: Sie dürfen bestimmte Tätigkeiten an qualifiziertes Personal (ZFA, ZMP, DH, ZMV) delegieren, ABER:
- Nur Tätigkeiten, die keine originär zahnärztlichen Kernleistungen sind (Diagnose, Therapieplanung, invasive Eingriffe bleiben Ihnen vorbehalten!).
- Nur an entsprechend qualifiziertes Personal.
- Sie müssen die Mitarbeiter sorgfältig anleiten und überwachen!
- Sie tragen weiterhin die Gesamtverantwortung für die Behandlung.
- Beispiele für delegierbare Leistungen (je nach Qualifikation): PZR (teilweise), Abformungen, Provisorienherstellung, Röntgenaufnahmen (techn. Durchführung), Unterstützung bei Verwaltung/Abrechnung.
- Information und Werbung – Ein Balanceakt:
- Dies ist ein häufiger Stolperstein! Das Berufsrecht erlaubt sachliche, berufsbezogene Information, verbietet aber berufswidrige Werbung.
- Grundsatz: Information ja, Anpreisung nein!
- Erlaubt (Beispiele):
- Praxisschild mit Namen, Fachbezeichnung, Sprechzeiten, Tätigkeitsschwerpunkten (nachweisbar!).
- Website mit sachlichen Informationen über das Team, die Praxis, das Leistungsspektrum (ohne Übertreibungen!).
- Neutrale Informationsbroschüren über Behandlungsmethoden.
- Verboten/Problematisch (Beispiele):
- Anpreisende Werbung: Superlative („der beste Implantologe“, „die sanfteste Behandlung“), übertriebene Selbstdarstellung.
- Irreführende Werbung: Falsche Angaben über Qualifikationen, Erfolgsgarantien, unklare Preisangaben.
- Vergleichende Werbung: Direkter Vergleich mit der Leistung oder den Preisen von Kollegen.
- Erfolgshonorare (außerhalb klar definierter GOZ-Regeln).
- Unsachliche Darstellung: Z.B. reißerische Vorher-/Nachher-Bilder ohne Kontext, übertriebene Darstellung von Behandlungserfolgen.
- Rabattaktionen für medizinische Leistungen (sehr problematisch!).
- Gesetzlicher Rahmen: Neben der Berufsordnung sind auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten.
- Tipp: Bei Unsicherheiten bezüglich geplanter Informations-/Werbemaßnahmen (Website, Flyer etc.) ist eine vorherige Rücksprache mit Ihrer Landeszahnärztekammer dringend zu empfehlen!
C. Lebenslanges Lernen – Die Fortbildungspflicht
Die Pflicht zur kontinuierlichen Fortbildung ergibt sich sowohl aus dem Berufsrecht (MBO-Z) als auch aus dem Sozialrecht für Vertragszahnärzte (§ 95d SGB V).
- Ziel: Erhalt und Aktualisierung des fachlichen Wissens und Könnens zur Sicherstellung einer hochwertigen Patientenversorgung nach aktuellem Stand der Wissenschaft.
- Umfang: Vertragszahnärzte müssen innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums eine bestimmte Anzahl von Fortbildungspunkten (derzeit meist 125 Punkte) nachweisen. Auch für rein privat tätige Zahnärzte besteht eine berufsrechtliche Fortbildungspflicht, deren Umfang die Kammern regeln.
- Punkte sammeln: Punkte gibt es für die Teilnahme an zertifizierten Fortbildungsveranstaltungen (Kurse, Kongresse), Hospitationen, wissenschaftliche Publikationen, Qualitätszirkel etc.
- Nachweis: Die Fortbildungszertifikate müssen gesammelt und auf Verlangen der KZV bzw. der ZÄK vorgelegt werden.
- Konsequenzen (GKV): Bei Nichterfüllung der Fortbildungspflicht drohen Honorarkürzungen durch die KZV (initial 10%, später 25%) und im Extremfall sogar der Entzug der Zulassung!
- Mehr als nur Punkte: Sehen Sie die Fortbildung nicht als lästige Pflicht zum Punktesammeln, sondern als Chance zur Weiterentwicklung und Qualitätssteigerung!
Fazit
Das Berufsrecht steckt den Rahmen für Ihr professionelles Handeln ab. Es enthält wichtige ethische und praktische Leitlinien zu Sorgfalt, Verschwiegenheit, Kollegialität, Werbung und Fortbildung. Die Kenntnis und Beachtung dieser Regeln ist essenziell für eine integre und anerkannte Berufsausübung und schützt Sie vor berufsrechtlichen Sanktionen.
Im nächsten Artikel (Artikel 5) wenden wir uns den spezifischen Regeln für die Behandlung von Kassenpatienten zu: dem Vertragszahnarztrecht.
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