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QM-Kernprozess im Detail – Hygiene und Sterilgutaufbereitung

Die Anforderungen basieren maßgeblich auf den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Der Hygieneplan – Die Basis für alles

Jede Praxis muss einen schriftlichen, praxisindividuellen Hygieneplan haben. Er ist die zentrale Arbeitsanweisung für alle hygienerelevanten Tätigkeiten.

Inhalt (gemäß RKI-Empfehlung):

  • Basishygiene: Händehygiene (wann, wie, womit?), Hautschutz, Umgang mit Schutzkleidung (PSA).
  • Flächenreinigung und -desinfektion: Was wird wann, wie oft, womit und wie gereinigt/desinfiziert (Arbeitsflächen, Behandlungseinheit, Fußböden etc.)? Inkl. Konzentrationen und Einwirkzeiten!
  • Aufbereitung von Medizinprodukten (Instrumenten): Detaillierte Beschreibung des gesamten Prozesses (siehe unten!).
  • Umgang mit speziellen Materialien: Abformungen, zahntechnische Werkstücke.
  • Wasserführende Systeme: Spülintervalle, ggf. Wasserproben.
  • Wäsche: Umgang mit Praxis-/Schutzkleidung.
  • Abfallentsorgung: Trennung und Entsorgung nach Abfallschlüsseln.
  • Verhalten bei Verletzungen/Kontaminationen: Nadelstichverletzungen etc. Wichtige Aspekte:
  • Verbindlichkeit: Der Hygieneplan ist für das gesamte Team verbindlich!
  • Aktualität: Er muss regelmäßig überprüft und an neue Gegebenheiten oder Vorschriften angepasst werden (mind. alle 2 Jahre empfohlen).
  • Zugänglichkeit: Er muss für alle Mitarbeiter jederzeit leicht zugänglich sein.
  • Schulung: Das Team muss regelmäßig über den Inhalt des Hygieneplans unterwiesen werden (dokumentieren!).

Die Aufbereitung von Medizinprodukten (Instrumenten) – Ein Kreislauf mit System

Die korrekte Aufbereitung wiederverwendbarer Instrumente ist ein mehrstufiger Prozess, der lückenlos dokumentiert werden muss.

  1. Risikobewertung & Einstufung der Instrumente (vor der Aufbereitung):
    Die Art der Aufbereitung hängt vom Risiko ab, das von dem Instrument ausgeht:
    • Unkritisch: Kommen nur mit intakter Haut in Berührung (z.B. Gesichtsbogen, Handspiegelgriff außen). -> Reinigung, ggf. Desinfektion.
    • Semikritisch: Kommen mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung.
      • Gruppe A: Ohne besondere Anforderungen (z.B. Mundspiegel, Sonden, Pinzetten, Füllungsinstrumente). -> Reinigung + Desinfektion (maschinell bevorzugt).
      • Gruppe B: Mit erhöhten Anforderungen an die Aufbereitung (Hohlräume, schwer zu reinigen, z.B. Hand-/Winkelstücke, ZEG-Spitzen, Absaugkanülen). -> Maschinelle Reinigung/Desinfektion dringend empfohlen! Ggf. Sterilisation.
    • Kritisch: Durchdringen Haut oder Schleimhaut, kommen mit Blut, inneren Geweben oder Wunden in Kontakt. Müssen STERIL sein!
      • Gruppe A: Ohne besondere Anforderungen (z.B. einfache Extraktionszangen, Skalpellgriffe). -> Reinigung/Desinfektion + STERILISATION.
      • Gruppe B: Mit erhöhten Anforderungen (Hohlräume, komplex, z.B. chirurgische Bohrer, WSR-Instrumente, PA-Küretten). -> Maschinelle Reinigung/Desinfektion + VERPACKTE STERILISATION!
      • Gruppe C: Instrumente zur Behandlung von Prionen-Erkrankungen (in der Zahnarztpraxis extrem selten relevant).
    • Wichtig: Die Einstufung muss für alle Instrumente schriftlich festgelegt sein (Teil des QM/Hygieneplans)!
  2. Vorbereitung am Behandlungsplatz & Transport:
    • Grobe Kontaminationen sofort entfernen (abwischen).
    • Spitze/scharfe Instrumente sicher ablegen (Abwurfbehälter!).
    • Instrumente sicher (durchstichsicher, geschlossen) in den Aufbereitungsraum transportieren (Trennung „rein“ / „unrein“!). Wenn möglich, „feucht“ transportieren (verhindert Antrocknen).
  3. Reinigung & Desinfektion (Entscheidender Schritt!):
    Ziel: Entfernung von organischem Material und Abtötung von Mikroorganismen.
    • Maschinelle Reinigung/Desinfektion (im RDG = Reinigungs- und Desinfektionsgerät / Thermodesinfektor):
      • Standard und dringende Empfehlung für alle kritischen und semikritischen Instrumente (besonders Gruppe B)!
      • Vorteile: Standardisiert, reproduzierbar, validierbar, materialschonender, Arbeitsschutz für Personal.
      • Prozess: Spülung -> Reinigung (alkalisch) -> Neutralisation -> Zwischenspülung -> Thermische Desinfektion (>90°C, spez. Haltezeit) -> Trocknung.
      • Validierung: Die Wirksamkeit des RDG-Prozesses muss durch eine Erstvalidierung nach Installation und danach regelmäßig (z.B. jährlich) durch erneute Leistungsprüfungen (Revalidierung) nachgewiesen und dokumentiert werden! Dies ist gesetzliche Pflicht!
    • Manuelle Reinigung/Desinfektion:
      • Nur wenn maschinell nicht möglich (Herstellerangabe beachten!). Fehleranfälliger!
      • Schritte: Instrumente vollständig in Desinfektionslösung einlegen (Herstellerangaben zu Konzentration und Einwirkzeit exakt beachten!), mechanische Reinigung (Bürsten UNTER Wasser – Spritzer vermeiden!), gründliche Spülung mit Wasser (Trinkwasserqualität, besser Aqua dest.), sorgfältige Trocknung.
      • Wichtig: PSA tragen! Lösung regelmäßig wechseln! Kein „Nachlegen“ in alte Lösung! Validierung ist hier kaum möglich, daher eher für unkritische/semikritische A Instrumente. Ultraschallbad kann Reinigung unterstützen, ersetzt aber nicht die Desinfektion!
  4. Spülung & Trocknung:
    • Nach Reinigung/Desinfektion müssen alle chemischen Rückstände entfernt werden.
    • Gründliche Trocknung ist wichtig, um Korrosion zu vermeiden und die Sterilisation nicht zu beeinträchtigen (z.B. mit fusselfreien Tüchern, Druckluft).
  5. Prüfung auf Sauberkeit, Unversehrtheit & Pflege:
    • Sichtkontrolle: Jedes Instrument unter gutem Licht (Lupe!) auf Sauberkeit und Unversehrtheit prüfen (Rost, Risse, Abnutzung).
    • Funktionsprüfung: Bewegliche Teile (Zangen, Scheren) auf Gängigkeit prüfen.
    • Pflege: Gelenkinstrumente gemäß Herstellerangabe ölen/pflegen.
    • Aussortieren: Beschädigte oder nicht sicher zu reinigende Instrumente aussortieren!
  6. Verpackung (vor Sterilisation):
    • Wann nötig? Immer für Instrumente der Gruppe Kritisch B und wenn Instrumente steril gelagert werden sollen (empfohlen für alle kritischen Instrumente). Semikritische Instrumente können auch unverpackt sterilisiert werden, müssen dann aber sofort verwendet werden.
    • Geeignete Verpackungen: Klarsicht-Sterilisationsverpackungen (Folienbeutel/-schlauch) oder Sterilisationscontainer mit Filtern. Müssen für Dampfsterilisation geeignet sein!
    • Korrektes Siegeln: Bei Folien muss die Siegelnaht überprüft werden (Breite, Unversehrtheit). Siegelgerät braucht regelmäßige Wartung/Prüfung (Siegelnahtfestigkeit).
    • Kennzeichnung: Verpackung muss vor der Sterilisation mit Inhalt, Sterilisationsdatum, Verfallsdatum (abhängig von Verpackung/Lagerung!), Chargennummer des Sterilisators und Handzeichen des Verpackers gekennzeichnet werden.
  7. Sterilisation:
    • Methode: Standard in der Zahnarztpraxis ist die Dampfsterilisation im Autoklaven.
    • Gerätetyp: Für die meisten zahnärztlichen Instrumente (v.a. Hohlkörper wie Hand-/Winkelstücke, Übertragungsinstrumente) ist ein Autoklav vom Typ B (mit fraktioniertem Vorvakuum) erforderlich, um sicherzustellen, dass der Dampf alle Oberflächen erreicht. Typ N (nur für massive, unverpackte Instrumente) oder S (spezifische Instrumente laut Hersteller) reichen oft nicht aus!
    • Validierung: Auch der Sterilisator muss validiert werden (Erstvalidierung nach Installation, regelmäßige Revalidierung)!
    • Beladung: Autoklav nicht überladen! Verpackungen nicht zu dicht packen, Folienseite auf Folienseite, Papier auf Papier legen (Dampfdurchdringung!). Herstellerangaben beachten!
    • Prozessüberwachung: Jeder Zyklus wird durch das Gerät selbst überwacht (Druck, Temperatur, Zeit – Ausdruck/Speicherung!). Zusätzlich werden Prozessindikatoren verwendet (Behandlungsindikator auf Verpackung zeigt an, ob sie im Steri war; Chemoindikatoren in der Charge prüfen Dampfdurchdringung).
  8. Freigabe & Dokumentation (Der letzte Sicherheitscheck!):
    • Entscheidender Schritt! Nach Abschluss des Sterilisationszyklus muss jede Charge vor der Lagerung/Verwendung freigegeben werden.
    • Wer darf freigeben? Nur eine Person, die entsprechend geschult und benannt wurde (Sachkenntnis)!
    • Was wird geprüft?
      • Prozessparameter des Sterilisators laut Ausdruck/Anzeige korrekt?
      • Chargenindikator (Chemoindikator) korrekt umgeschlagen?
      • Verpackungen unversehrt und trocken?
      • Kennzeichnung korrekt?
    • Dokumentation: Die Freigabe jeder einzelnen Charge muss lückenlos im Sterilisations-Logbuch (oder digital) dokumentiert werden: Datum, Charge-Nr. Sterilisator, Ergebnis der Prüfungen (Parameter OK? Indikator OK?), Name/Kürzel der freigebenden Person. Diese Dokumentation ist rechtlich extrem wichtig!
  9. Lagerung des Sterilguts:
    • Muss geschützt vor Kontamination erfolgen (Staub, Feuchtigkeit, Beschädigung). Geschlossene Schränke/Schubladen.
    • Lagerfristen beachten! Diese hängen von der Art der Verpackung (einfach/doppelt) und den Lagerbedingungen ab (geschützt/ungeschützt). Üblich sind z.B. 6 Monate bei einfacher Verpackung in Schublade/Schrank, bis zu 5 Jahre bei doppelter Verpackung. Praxis muss Fristen festlegen!
    • FIFO-Prinzip (First In, First Out): Älteres Sterilgut zuerst verwenden.

Weitere wichtige Hygiene-Aspekte im QM

  • Flächendesinfektion: Ein detaillierter Plan ist nötig (Was, wann, womit, wie oft?). Wischdesinfektion ist der Sprühdesinfektion vorzuziehen (Aerosolbildung!). Korrekte Einwirkzeiten der Mittel beachten! Geeignete Desinfektionsmittel (VAH-Liste, Wirkspektrum beachten!) und Tücher verwenden.
  • Händehygiene: Basis aller Maßnahmen! Plan muss 5 Momente der WHO berücksichtigen. Ausreichend Spender (Waschplatz, Behandlungsraum), geeignete Mittel (Waschlotion, alkoholisches Händedesinfektionsmittel, Pflegecreme). Regelmäßige Schulung!
  • Wasserführende Systeme: Behandlungseinheiten müssen regelmäßig (morgens, nach längeren Pausen, zwischen Patienten) gespült werden. Ggf. sind regelmäßige mikrobiologische Wasseruntersuchungen oder der Einsatz von Desinfektionsanlagen vorgeschrieben/empfohlen. Wartung nach Herstellerangaben.
  • Abfallentsorgung: Getrennte Sammlung und Entsorgung gemäß den lokalen Vorschriften und Abfallschlüsseln (spitze/scharfe Gegenstände in durchstichsicheren Behältern, kontaminierter Abfall etc.). Entsorgungsplan erstellen.
  • Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Klare Regeln, wann welche PSA (Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz [MNS/FFP2], Schutzbrille/Visier, Schutzkittel) zu tragen ist. Korrektes An- und Ablegen üben!

Schulung und Unterweisung

Das gesamte Praxisteam muss mindestens einmal jährlich umfassend in allen relevanten Hygiene-Themen (inkl. Aufbereitung von Medizinprodukten) unterwiesen werden. Diese Unterweisungen müssen dokumentiert werden!

Fazit

Hygiene und Sterilgutaufbereitung sind das Fundament der Patientensicherheit in der Zahnarztpraxis. Die Einhaltung der RKI-Richtlinien und die lückenlose Dokumentation im Rahmen des QM-Systems sind keine Kür, sondern absolute Pflicht und schützen Patienten, das Team und die Praxis vor schwerwiegenden Konsequenzen.

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