Nachdem wir die Notwendigkeit und den gesetzlichen Rahmen von QM kennen (Artikel 1 & 2), widmen wir uns nun dem ersten großen Baustein: der Dokumentation. Viele denken hier sofort an übervolle Ordner, aber eine sinnvolle QM-Dokumentation ist das unverzichtbare „Gedächtnis“ und der „Wegweiser“ Ihrer Praxis. Sie schafft Klarheit, Nachvollziehbarkeit und dient als wichtiger Nachweis.
Ziel ist nicht Papier um des Papiers willen, sondern eine strukturierte, nachvollziehbare und vor allem praxistaugliche Sammlung von Regeln und Nachweisen.
A. Wozu überhaupt Dokumentation im QM?
- Klarheit & Verbindlichkeit: Festgelegte Abläufe und Verantwortlichkeiten sind für alle im Team klar ersichtlich und verbindlich.
- Wissenstransfer & Einarbeitung: Neue Mitarbeiter können sich schneller orientieren und einarbeiten. Wissen geht nicht verloren, wenn jemand die Praxis verlässt.
- Reproduzierbarkeit & Konsistenz: Standardisierte Abläufe helfen, eine gleichbleibend hohe Qualität zu gewährleisten, unabhängig davon, wer eine Aufgabe gerade durchführt.
- Nachvollziehbarkeit: Im Fehlerfall oder bei Rückfragen kann nachvollzogen werden, wie vorgegangen wurde (oder hätte vorgegangen werden sollen).
- Nachweis: Gegenüber Behörden, KZV oder bei Audits können Sie nachweisen, dass Sie die Anforderungen erfüllen (z.B. Hygienestandards, Gerätekontrollen).
- Grundlage für Verbesserung: Nur was beschrieben ist, kann systematisch analysiert und verbessert werden.
B. Die Bausteine der QM-Dokumentation im Detail
- Das QM-Handbuch (Das „Grundgesetz“)
- Zweck: Bietet einen Gesamtüberblick über die Praxis und ihr QM-System. Ist oft das erste Dokument, das bei Prüfungen eingesehen wird.
- Typischer Inhalt:
- Vorstellung der Praxis (Leitbild, Philosophie, Ziele – z.B. „Wir legen besonderen Wert auf angstfreie Behandlung“).
- Beschreibung des Geltungsbereichs des QM-Systems (gesamte Praxis?).
- Darstellung der Praxisstruktur und Organisation (Organigramm).
- Benennung der Verantwortlichkeiten (Praxisleitung, QM-Beauftragte/r).
- Beschreibung der grundlegenden QM-Methoden (z.B. PDCA-Zyklus, Fehlermanagement).
- Verzeichnis der wichtigsten Prozesse und mitgeltenden Dokumente (Gesetze, Richtlinien).
- Form: Kann ein Textdokument, eine Datei in der Praxissoftware oder Teil eines digitalen QM-Systems sein.
- Tipp: Halten Sie es übersichtlich und verweisen Sie für Details auf andere Dokumente (z.B. Prozessanweisungen). Viele Kammern bieten gute Vorlagen.
- Prozessbeschreibungen / Verfahrensanweisungen (SOPs – Die „Kochrezepte“)
- Zweck: Legen verbindlich fest, WIE wichtige, wiederkehrende Abläufe durchgeführt werden sollen. Sie sind das Herzstück der Standardisierung.
- Typischer Inhalt für jede SOP:
- Titel / Name des Prozesses (z.B. „Aufbereitung von Übertragungsinstrumenten“).
- Ziel / Zweck des Prozesses.
- Geltungsbereich (Wo gilt die Anweisung?).
- Verantwortlichkeit (Wer ist für die Durchführung zuständig? ZFA? Zahnarzt?).
- Detaillierte Beschreibung der einzelnen Schritte (Was ist zu tun? In welcher Reihenfolge?).
- Benötigte Materialien / Geräte.
- Mitgeltende Dokumente (z.B. Verweis auf Hygieneplan, Herstellerangaben).
- Ggf. Hinweise auf besondere Gefahren oder kritische Punkte.
- Wie wird die Durchführung dokumentiert? (Verweis auf Protokoll/Checkliste).
- Beispiele für wichtige Prozesse, die beschrieben werden sollten:
- Instrumentenaufbereitung (manuell/maschinell, Sterilisation, Freigabe!).
- Flächendesinfektion (wann, womit, wie?).
- Händehygiene.
- Patientenaufnahme und Anamneseerhebung.
- Terminmanagement.
- Röntgenprozess (Indikation, Durchführung, Befundung, Dokumentation).
- Abformung nehmen und desinfizieren.
- Bestellwesen / Materiallagerung.
- Notfallmanagement (Ablauf bei spezifischem Notfall).
- Umgang mit Beschwerden.
- Form: Klar gegliederte Textdokumente, oft auch mit Flussdiagrammen zur Visualisierung. Müssen für alle Mitarbeiter zugänglich sein (digital oder ausgedruckt).
- Tipp: Beschreiben Sie die Prozesse so, wie sie tatsächlich in Ihrer Praxis gelebt werden (oder werden sollen)! Keine unrealistischen Idealabläufe. Beziehen Sie das Team bei der Erstellung mit ein.
- Arbeitsanweisungen (Die Detailanleitungen)
- Zweck: Geben noch detailliertere Anweisungen für spezifische Tätigkeiten oder die Bedienung von Geräten.
- Beispiele:
- „Prüfung und Beladung des Autoklaven Typ XY“.
- „Durchführung der täglichen Konstanzprüfung am Röntgengerät“.
- „Anmischen des Abformmaterials Z“.
- „Wechsel der Absauganlagefilter“.
- Sie sind oft kürzer und sehr konkret auf eine Aufgabe bezogen. Können auch Bilder enthalten.
- Formulare, Checklisten, Protokolle (Die Nachweise)
- Zweck: Standardisieren die Erfassung von Daten, stellen sicher, dass alle Schritte durchgeführt werden und dienen als wichtiger schriftlicher Nachweis der Durchführung.
- Beispiele:
- Hygiene/Steri: Freigabeprotokoll für jede Charge, Checkliste für tägliche/wöchentliche Hygienemaßnahmen, Protokoll der Siegelnahtprüfung, Validierungsberichte.
- Notfall: Checkliste zur Prüfung des Notfallkoffers (Inhalt, Verfallsdaten!), Protokoll des Notfalltrainings.
- Geräte: Gerätebuch/Bestandsverzeichnis, Protokolle der STK/MTK/Wartungen, Protokolle der Konstanzprüfungen (Röntgen).
- Patient: Anamnesebogen, Aufklärungs- und Einwilligungsformulare, Schmerzprotokoll.
- QM-System: Protokolle von Teambesprechungen, Fehlermeldungsformulare (CIRS), Protokolle interner Audits.
- Form: Einheitliche Vorlagen (Papier oder digital), die konsequent genutzt und korrekt ausgefüllt werden müssen. Ablage muss nachvollziehbar sein.
- Organigramm & Stellenbeschreibungen (Die Struktur)
- Zweck: Schaffen Klarheit über die Organisationsstruktur und die Aufgaben/Verantwortlichkeiten jedes Teammitglieds.
- Organigramm: Zeigt grafisch die Hierarchie und die Beziehungen (Wer ist wem unterstellt/weisungsbefugt?).
- Stellenbeschreibung: Definiert für jede Position (z.B. ZFA Assistenz, ZMP, angestellter ZA): Hauptaufgaben, Kompetenzen (Was darf die Person?), Verantwortung, notwendige Qualifikationen, Vertretungsregelungen.
- Nutzen: Vermeidet Kompetenzgerangel, erleichtert die Einarbeitung, schafft klare Erwartungen.
- Mitgeltende Unterlagen (Das externe Regelwerk)
- Zweck: Sammlung oder Verweis auf alle externen Vorschriften, die für die Praxis relevant sind und im QM beachtet werden müssen.
- Beispiele: Gesetze (SGB V, Infektionsschutzgesetz, MPG/MPBetreibV, StrSchV, DSGVO), Verordnungen (GOZ), Richtlinien (RKI-Hygiene, G-BA-QM), Normen (DIN), Herstellerangaben zu Geräten/Materialien.
- Wichtig: Diese Dokumente müssen in der aktuellsten Fassung verfügbar sein (z.B. als Linkliste im QM-Handbuch oder digital abgelegt).
C. Dokumentenlenkung – Ordnung im System
Ein wichtiger Aspekt der QM-Dokumentation ist die „Lenkung“:
- Erstellung & Prüfung: Wer darf Dokumente erstellen oder ändern? Wer prüft und gibt sie frei?
- Versionierung: Dokumente sollten ein Datum und eine Versionsnummer haben, um sicherzustellen, dass immer die aktuelle Version verwendet wird.
- Verteilung & Zugänglichkeit: Wie wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter Zugriff auf die für sie relevanten, aktuellen Dokumente haben (z.B. über QM-Ordner, Intranet, Software)?
- Archivierung: Veraltete Versionen müssen eingezogen und als „ungültig“ gekennzeichnet bzw. archiviert werden. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen sind zu beachten.
Fazit zu Artikel 3a
Eine gute QM-Dokumentation ist das Fundament für klare Abläufe und nachweisbare Qualität. Sie sollte aber maßgeschneidert, praxisnah und lebendig sein – kein Selbstzweck. Investieren Sie Zeit in eine sinnvolle Struktur und beziehen Sie Ihr Team mit ein!
Im nächsten Teil (Artikel 3b) steigen wir tief in den wichtigsten Kernprozess ein: Hygiene & Sterilgutaufbereitung.
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