Close-up of a healthcare professional holding a syringe, symbolizing medical care and vaccination.

Allergien und Unverträglichkeiten

Unentdeckte Allergien können zu schwerwiegenden, potenziell lebensbedrohlichen anaphylaktischen Reaktionen im Behandlungsstuhl führen. Die Kenntnis ist entscheidend für die sichere Auswahl von Medikamenten und Materialien.

Schlüsselfragen & Vertiefung:

  • „Sind bei Ihnen Allergien oder Unverträglichkeiten bekannt?“
  • Gezielte Nachfrage:
    • „Gegen Medikamente?“ (Insbesondere: Penicillin oder andere Antibiotika? Schmerzmittel wie Aspirin®, Ibuprofen®, Novalgin®? Lokalanästhetika?)
    • „Gegen Materialien?“ (Latex [Handschuhe, Kofferdam]? Metalle [Nickel in Prothesen/KFO-Brackets]? Kunststoffe/Acrylate [Prothesen, Füllungsmaterialien]? Desinfektionsmittel [Chlorhexidin]? Jod?)
    • „Gegen Lebensmittel?“ (Kann auf Kreuzallergien hinweisen, z.B. bestimmte Früchte bei Latexallergie).
  • !! Art der Reaktion: „Wenn Sie auf etwas reagiert haben, wie genau hat sich das geäußert?“
    • Typische allergische Sofortreaktion (Typ I, IgE-vermittelt): Hautausschlag/Nesselsucht (Urtikaria)? Juckreiz? Schwellung von Lippen, Zunge, Rachen (Angioödem)? Atemnot/Asthmaanfall? Kreislaufprobleme/Kollaps (Anaphylaxie)?
    • Andere Reaktionen: Nur Übelkeit/Erbrechen? Kopfschmerzen? Herzrasen? (Oft Nebenwirkungen, keine Allergie!). Kontaktekzem bei Hautkontakt (Typ IV, verzögerte Reaktion)?
  • „Haben Sie einen Allergiepass?“
  • „Leiden Sie unter Heuschnupfen, Asthma oder Neurodermitis?“ (Hinweis auf Atopie, d.h. eine generelle Neigung zu allergischen Reaktionen).

Zahnärztliche Implikationen & Management:

  • Vermeidung des Allergens: Strengste Meidung des auslösenden Stoffes ist oberstes Gebot! Dies gilt als absolute Kontraindikation.
  • Material-/Medikamentenwahl:
    • Antibiotika: Bei Penicillinallergie auf andere Klassen ausweichen (z.B. Clindamycin, Makrolide, Doxycyclin – je nach Indikation und Resistenzlage).
    • Analgetika: Bei ASS/NSAID-Unverträglichkeit Paracetamol oder ggf. Coxibe/Opioide erwägen.
    • Lokalanästhetika (LA): Echte Allergien gegen moderne Amid-LA (Articain, Lidocain etc.) sind extrem selten. Häufiger sind Reaktionen auf Konservierungsmittel (Parabene – kaum noch verwendet) oder den Vasokonstriktor (Adrenalin -> Herzrasen) oder vasovagale Synkopen (Angstreaktion). Bei unklarer Anamnese oder Verdacht: LA ohne Konservierungsstoffe/Vasokonstriktor testen oder Überweisung zum Allergologen zur Testung. Ester-LA (Procain, Benzocain) haben höheres Allergiepotenzial (kaum noch in Injektionslösungen, aber in Oberflächenanästhetika!).
    • Latex: Bei Latexallergie konsequent latexfreie Handschuhe, Kofferdam und andere Materialien verwenden. Auf Kreuzallergien achten (z.B. Banane, Kiwi, Avocado).
  • Notfallmanagement:
    • Früherkennung: Symptome einer allergischen Reaktion (auch leichte!) sofort erkennen.
    • Bereitschaft: Notfallkoffer muss vollständig bestückt sein (inkl. Antihistaminika [i.v./oral], Kortikosteroide [i.v./oral], Adrenalin-Autoinjektor/-Ampullen zur i.m.-Injektion, Sauerstoff, Notfallausrüstung für Atemwegssicherung/Beatmung). Das gesamte Team muss in BLS (Basic Life Support) und im Management der Anaphylaxie geschult sein!
  • Differenzierung: Wichtig ist die Unterscheidung zwischen echter Allergie und unspezifischer Nebenwirkung oder psychogener Reaktion (z.B. Hyperventilation, vasovagale Synkope bei Angst vor der Spritze). Eine detaillierte Beschreibung der früheren Reaktion hilft hierbei.
  • Dokumentation: Allergien müssen deutlich sichtbar und unmissverständlich in der Patientenakte (analog und digital) vermerkt werden!

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