Neben der Hygiene gibt es zwei weitere Bereiche, in denen ein funktionierendes Qualitätsmanagement (QM) für die Sicherheit in der Zahnarztpraxis von herausragender Bedeutung ist: das Management von medizinischen Notfällen und der sichere Betrieb aller verwendeten Medizinprodukte (Geräte).
A. Notfallmanagement – Bereit für den Fall der Fälle
Medizinische Notfälle in der Zahnarztpraxis sind zwar selten, können aber jederzeit auftreten und potenziell lebensbedrohlich sein. Eine gute Vorbereitung kann entscheidend sein! QM hilft, diese Vorbereitung systematisch sicherzustellen.
Warum ist das wichtig?
- Schnelles, koordiniertes und korrektes Handeln im Notfall kann Leben retten.
- Ein fehlendes oder mangelhaftes Notfallmanagement stellt ein erhebliches Risiko für den Patienten und ein rechtliches Risiko für die Praxis dar.
- Ein vorbereitetes Team ist im Ernstfall ruhiger und handlungsfähiger. Was gehört zu einem QM-gestützten Notfallmanagement?
- Der Notfallplan:
- Ein schriftlicher Plan, der klar regelt, was im Notfall zu tun ist.
- Inhalt:
- Alarmierungskette: Wie wird der Notarzt (112) alarmiert? Wer macht das? Welche Informationen müssen durchgegeben werden?
- Aufgabenverteilung im Team: Wer holt den Notfallkoffer/Sauerstoff? Wer beginnt mit Basismaßnahmen (BLS)? Wer betreut andere Patienten/Angehörige? Wer weist den Rettungsdienst ein?
- Wichtige Telefonnummern: Notarzt, diensthabender Arzt, nächstes Krankenhaus, ggf. Giftnotruf.
- Ort der Notfallausrüstung: Wo befindet sich alles Nötige?
- Der Plan muss für alle Mitarbeiter bekannt und leicht zugänglich sein und regelmäßig (z.B. jährlich) besprochen/aktualisiert werden.
- Die Notfallausrüstung (Notfallkoffer / -wagen):
- Eine gut sortierte und funktionstüchtige Notfallausrüstung muss vorhanden sein.
- Typischer Inhalt (Beispiele, keine vollständige Liste!):
- Medikamente: Adrenalin (bei Anaphylaxie!), Kortison (z.B. Prednisolon i.v.), Antihistaminikum (z.B. Clemastin i.v.), Beta-2-Spray (Asthmaanfall), Glukose (Hypoglykämie), ggf. Diazepam rektal (Krampfanfall), Nitrospray (Angina Pectoris), ASS (Herzinfarkt-Verdacht). Ganz Wichtig: Regelmäßige Kontrolle der Verfallsdaten! Abgelaufene Medikamente sofort ersetzen!
- Ausrüstung: Beatmungsbeutel mit Masken in verschiedenen Größen, Sauerstoffflasche mit Druckminderer und Demandventil oder Reservoirmaske/Nasenbrille, funktionierende Absaugvorrichtung mit Absaugkathetern, Blutdruckmessgerät, Stethoskop, Pulsoxymeter (zur Messung von Puls und Sauerstoffsättigung), Verbandmaterialien, Guedel-Tuben, ggf. ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED).
- Der Standort sollte allen bekannt und leicht zugänglich sein.
- Die Notfall-Checkliste:
- Eine Checkliste zur regelmäßigen (z.B. monatlichen oder quartalsweisen) Überprüfung der Notfallausrüstung.
- Was wird geprüft? Vollständigkeit? Funktion (z.B. O2-Flasche gefüllt? Absaugung läuft? Batterien im Pulsoxy/AED OK?)? Verfallsdaten der Medikamente und steril verpackten Materialien?
- Die durchgeführten Checks müssen dokumentiert werden!
- Das Notfalltraining:
- Theorie allein reicht nicht! Das gesamte Praxisteam muss regelmäßig (mindestens jährlich) praktische Notfalltrainings absolvieren.
- Inhalte: Basic Life Support (BLS) mit Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) und Anwendung eines AEDs, Management häufiger Notfälle in der Zahnarztpraxis (Synkope/Ohnmacht, Hyperventilation, allergische Reaktion/Anaphylaxie, Hypoglykämie bei Diabetikern, Angina Pectoris/Herzinfarkt-Verdacht, Krampfanfall, Aspiration eines Fremdkörpers).
- Die Teilnahme am Training muss für jeden Mitarbeiter dokumentiert werden.
B. Gerätemanagement & Sicherheit (MPBetreibV) – Technik im Griff
Die Zahnarztpraxis ist voller technischer Geräte, von denen viele Medizinprodukte sind. Deren sicherer und korrekter Betrieb muss gewährleistet sein.
Warum ist das wichtig?
- Schutz von Patienten und Anwendern vor Gefahren durch fehlerhafte Geräte.
- Sicherstellung der korrekten Funktion für Diagnostik und Therapie.
- Erfüllung gesetzlicher Vorgaben (Medizinproduktegesetz – MPG, Medizinprodukte-Betreiberverordnung – MPBetreibV, EU-Medizinprodukteverordnung – MDR). Was gehört zu einem QM-gestützten Gerätemanagement?
- Bestandsverzeichnis / Gerätebuch:
- Jede Praxis muss ein Verzeichnis aller aktiv betriebenen Medizinprodukte führen.
- Inhalt je Gerät: Bezeichnung, Typ, Seriennummer, Hersteller, Anschaffungsjahr, Standort in der Praxis, Name des Medizinprodukte-Beauftragten (falls benannt), Fristen für Kontrollen/Wartungen.
- Einweisung und Gebrauchsanweisungen:
- Es muss nachgewiesen werden (Dokumentation!), dass alle Personen, die ein Medizinprodukt anwenden, in dessen Handhabung eingewiesen wurden (durch Hersteller oder beauftragte Person).
- Die Gebrauchsanweisungen aller Geräte müssen verfügbar sein (ggf. digital).
- Prüfung, Wartung & Instandhaltung:
- Herstellerangaben beachten: Die vom Hersteller vorgegebenen Intervalle und Umfänge für Wartung, Inspektion und Instandhaltung sind primär verbindlich!
- Sicherheitstechnische Kontrolle (STK): Eine periodische Prüfung zur Feststellung der Sicherheit und Funktionstüchtigkeit für bestimmte risikoreiche Medizinprodukte (definierte Anlagen 1 & 2 der MPBetreibV). In der ZAP relevant z.B. für HF-Chirurgiegeräte, Defibrillatoren (falls vorhanden). Fristen (meist alle 1-2 Jahre) einhalten! Durchführung nur durch qualifizierte Personen/Firmen.
- Messtechnische Kontrolle (MTK): Periodische Prüfung für Medizinprodukte mit Messfunktion (Anlage 2 MPBetreibV), um die Einhaltung der Fehlergrenzen sicherzustellen. In der ZAP relevant z.B. für Blutdruckmessgeräte (mit Messfunktion!), evtl. Personenwaagen (falls zur Diagnostik genutzt). Fristen (meist alle 2 Jahre) einhalten! Durchführung nur durch qualifizierte Personen/Stellen.
- Regelmäßige Wartung: Viele Geräte (Behandlungseinheit, Autoklav, RDG, Kompressor, Absauganlage, Röntgengeräte etc.) erfordern regelmäßige Wartungen nach Herstellervorgabe, um die Funktion und Sicherheit zu gewährleisten.
- Dokumentation: Alle durchgeführten Prüfungen (STK, MTK), Wartungen und Instandsetzungen müssen lückenlos dokumentiert werden (z.B. im Gerätebuch oder in separaten Prüfprotokollen)!
- Validierung (Zur Erinnerung):
- Wie in Artikel 3b besprochen, erfordern Reinigungs-/Desinfektionsgeräte (RDGs) und Sterilisatoren (Autoklaven) eine spezifische Validierung ihres Prozesses, um die Wirksamkeit nachzuweisen. Auch dies ist Teil des Gerätemanagements und muss dokumentiert werden.
- Meldung von Vorkommnissen:
- Es besteht eine gesetzliche Pflicht, schwerwiegende Vorkommnisse (z.B. Todesfall, schwerwiegende Gesundheitsverschlechterung) im Zusammenhang mit der Anwendung eines Medizinproduktes an die zuständige Bundesoberbehörde (BfArM) zu melden.
- Beauftragter für Medizinproduktesicherheit:
- Gesundheitseinrichtungen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten müssen einen Beauftragten für Medizinproduktesicherheit benennen. Dieser ist Ansprechpartner für Behörden, Hersteller und Vertreiber im Zusammenhang mit Risiken von Medizinprodukten.
Fazit zu Artikel 3c
Sowohl die Vorbereitung auf Notfälle als auch der sichere Umgang mit der Praxistechnik sind essenzielle Bestandteile des Qualitätsmanagements und der gesetzlichen Anforderungen. Systematische Planung, regelmäßige Überprüfungen und Schulungen sowie eine lückenlose Dokumentation sind hier der Schlüssel zur Sicherheit von Patienten und Team.
Im nächsten und letzten Teil zu den Kernprozessen (Artikel 3d) betrachten wir dann die weiteren wichtigen Bereiche wie Patientenprozesse, Materialwirtschaft, Personal, Fehlermanagement und mehr.
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