Mit der Einstellung des ersten Mitarbeiters tritt der Zahnarzt in die Rolle des Arbeitgebers ein. Dies zieht komplexe melde- und dokumentationsrechtliche Konsequenzen nach sich. Fehler können hier zu hohen Nachzahlungen bei Sozialversicherungsprüfungen führen.
1. Die wichtigsten Meldepflichten
Als Arbeitgeber fungiert die Praxis als „Inkassostelle“ für den Staat und die Sozialversicherungen.
| Institution | Pflicht / Aufgabe | Fälligkeit |
| Finanzamt | Abführung der Lohnsteuer, Soli und ggf. Kirchensteuer. | Monatlich (meist bis zum 10.) |
| Krankenkasse | Meldung zur Sozialversicherung (DEÜV) und Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge (KV, RV, AV, PV). | Monatlich (Beitragsnachweis vor Monatsende) |
| Berufsgenossenschaft (BGW) | Meldung der Entgelte für die Unfallversicherung. | Jährlich (Lohnnachweis) |
| Minijob-Zentrale | Meldung und Abgaben für geringfügig Beschäftigte (450€/538€-Kräfte). | Monatlich |
2. Onboarding: Anmeldung neuer Mitarbeiter
Vor Arbeitsantritt müssen bestimmte Unterlagen vorliegen, um die korrekte Anmeldung zu gewährleisten und den Infektionsschutzstatus zu klären.
Checkliste Personalakte (Mindestinhalt):
- [ ] Personalfragebogen: Stammdaten, Bankverbindung, Krankenkasse.
- [ ] Sozialversicherungsnummer und Steuer-Identifikationsnummer.
- [ ] Arbeitsvertrag: Schriftlich, von beiden Seiten unterzeichnet.
- [ ] Impfnachweis: Nachweis über Masernschutz (IfSG) und Hepatitis-B-Titer (empfohlen/nach Gefährdungsbeurteilung).
- [ ] Verschwiegenheitserklärung: Schriftliche Belehrung über Datenschutz und ärztliche Schweigepflicht.
- [ ] Unterweisungsnachweis: Erste Sicherheitsunterweisung (Arbeitsschutz, Hygiene, Röntgen) vor Tätigkeitsaufnahme.
- [ ] Urlaubsbescheinigung des Vorarbeitgebers (um Doppelansprüche zu vermeiden).
3. Offboarding: Abmeldung
Bei Ausscheiden eines Mitarbeiters sind Fristen und Formvorschriften zu beachten.
- DEÜV-Abmeldung: Muss mit der nächsten Entgeltabrechnung erfolgen (Grund der Abgabe, z.B. „30 – Ende der Beschäftigung“).
- Arbeitszeugnis: Der Mitarbeiter hat Anspruch auf ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis.
- Arbeitsbescheinigung: Für die Agentur für Arbeit (notwendig für Arbeitslosengeld).
- Urlaubsabgeltung: Nicht genommener Urlaub muss ausgezahlt werden, sofern er nicht mehr genommen werden kann.
Seite 4: Schwangerschaft und Mutterschutz in der ZAP
In einer Zahnarztpraxis greift das Mutterschutzgesetz (MuSchG) oft sofort und umfassend, da schwangere Mitarbeiterinnen (ZFA, ZÄ) durch den Kontakt mit Biostoffen (Blut, Speichel, Aerosole) und Gefahrstoffen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.
1. Sofortmaßnahmen nach Bekanntgabe
Sobald eine Mitarbeiterin ihre Schwangerschaft mitteilt, muss der Arbeitgeber handeln.
| Schritt | Handlung |
| 1. Meldung | Unverzügliche Mitteilung an die zuständige Aufsichtsbehörde (z.B. Gewerbeaufsichtsamt/Regierungspräsidium). |
| 2. Gefährdungsbeurteilung | Aktualisierung der individuellen Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz der Schwangeren (Pflicht!). |
| 3. Betriebsarzt | Konsultation des Betriebsarztes zur Überprüfung des Immunstatus (insb. Röteln, Zytomegalie etc.). |
| 4. Ergebnis | Entscheidung über Weiterbeschäftigung, Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder Beschäftigungsverbot. |
2. Das Beschäftigungsverbot (BV)
In der Zahnmedizin führt die Gefährdungsbeurteilung häufig zu einem teilweisen oder vollständigen Beschäftigungsverbot, da eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes (z.B. Verwaltung statt Stuhlassistenz) nicht immer möglich ist.
- Individuelles BV: Wird vom Arzt ausgesprochen (z.B. bei Risikoschwangerschaft).
- Betriebliches BV: Wird vom Arbeitgeber ausgesprochen, wenn der Arbeitsplatz nicht mutterschutzgerecht gestaltet werden kann (z.B. Gefahr durch Amalgam, Infektionsgefahr, ständiges Stehen).
- Konsequenz: Die Mitarbeiterin wird bei voller Lohnfortzahlung freigestellt.
3. Finanzierung: Das U2-Verfahren
Für den Arbeitgeber ist eine Schwangerschaft finanziell meist risikolos, da die Kosten über die Umlagekasse (U2) erstattet werden.
Zusammenfassung Erstattungen (U2):
- Mutterschutzlohn: Gehalt während eines Beschäftigungsverbots vor der Schutzfrist $\rightarrow$ 100% Erstattung durch die Kasse (auf Antrag).
- Mutterschaftsgeld-Zuschuss: Differenz zwischen Krankenkassenzahlung (max. 13 €/Tag) und Netto-Gehalt während der Schutzfrist (6 Wochen vor bis 8 Wochen nach Geburt) $\rightarrow$ 100% Erstattung.
- Wichtig: Der Arbeitgeber muss am U2-Verfahren teilnehmen und die Erstattungsanträge (AAG) aktiv stellen (meist über das Lohnbüro).
Seite 5: Arbeitsrechtliche Führung & Ausbildung
Führung bedeutet auch, Grenzen zu setzen und Wissen weiterzugeben. Arbeitsrechtliche Sanktionen müssen formal korrekt sein, um vor dem Arbeitsgericht Bestand zu haben. Ebenso unterliegt die Berufsausbildung zur/zum ZFA festen Regeln.
1. Umgang mit Pflichtverletzungen
Reagiert ein Mitarbeiter nicht auf Anweisungen oder verletzt Pflichten (z.B. Unpünktlichkeit, Hygienemängel), stehen zwei Instrumente zur Verfügung. Die Unterscheidung ist juristisch relevant.
| Merkmal | Ermahnung (Rüge) | Abmahnung |
| Zweck | Hinweisen auf Fehlverhalten ohne Kündigungsandrohung. | Warnfunktion mit direkter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen. |
| Form | Mündlich oder schriftlich. | Schriftform dringend empfohlen (Beweislast). |
| Inhalt | Konkrete Benennung des Fehlers. | 1. Konkrete Beschreibung des Fehlverhaltens (Datum, Uhrzeit). 2. Rüge als Vertragsverstoß. 3. Androhung der Kündigung im Wiederholungsfall. |
| Rechtsfolge | Keine direkte Vorstufe zur Kündigung. | Vorstufe zur verhaltensbedingten Kündigung. |
| Personalakte | Kann aufgenommen werden. | Sollte aufgenommen werden (Entfernung nach Zeitablauf möglich). |
2. Kündigungsschutz
- Kleinbetriebsklausel: In Praxen mit regelmäßig 10 oder weniger Vollzeitmitarbeitern (Teilzeit wird anteilig berechnet, Azubis zählen nicht) gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht. Kündigungen sind hier ohne soziale Rechtfertigung möglich (Fristen beachten!).
- Sonderkündigungsschutz: Gilt immer für Schwangere, Schwerbehinderte und Auszubildende (nach der Probezeit).
3. Ausbildung in der Praxis
Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) sind das Rückgrat der Praxis. Wer ausbildet, sichert Fachkräfte, geht aber Verpflichtungen ein.
- Eignung: Der Ausbilder muss persönlich und fachlich geeignet sein (in der Regel Zahnärzte). Das Personal, das überwiegend ausbildet, benötigt oft einen Ausbilderschein (AdA) oder entsprechende Berufserfahrung.
- Ausbildungsrahmenplan: Sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung muss Vertragsbestandteil sein.
- Berichtsheft: Der Azubi muss Ausbildungsnachweise führen. Der Ausbilder ist verpflichtet, diese regelmäßig zu kontrollieren und abzuzeichnen. Mangelnde Führung kann zur Nichtzulassung zur Prüfung führen.
- Freistellung: Azubis müssen für den Berufsschulunterricht freigestellt werden. Ein Beschäftigungsverbot vor/nach der Schule richtet sich nach Alter (JArbSchG) und Unterrichtsdauer.
